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Die Deutschen. 4. Deutsche Reformationsgeschichte. §§ 157—159.
unter seinen Schriften solche, die er gegen Persönlichkeiten geschrieben
habe, und gab zu, daß er in denselben sich könne übereilt haben.
Was er aber über Glaubenssachen geschrieben habe, werde er nicht
widerrufen, „weil weder sicher noch geraten sei, etwas gegen das
Gewissen zu thuit". Er schloß mit den Worten: „Hie steh' ich, ich
kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen!"
§ 158. Luther auf der Wartburg. Das Wormser Edikt. 1521.
Luther wurde nun entlassen, und der Kaiser hielt ihm das freie
Geleit. Auf dem Mckwege aber wurde er auf Veranstaltung seines
Kurfürsten im Thüringer Walde von vermummten Rittern über-
fallen und nach der Wartburg bei Eisenach in Sicherheit ge-
bracht. Hier, wo er fast ein Jahr lang (1521—1522) als Junker
Georg verborgen lebte, begann er die Bibelübersetzung. —
Der Kaiser sprach zwar die Reich sacht über Luther aus und
erließ im „Wormser Edikt" die Verfügung, daß der Religions-
neuerung Einhalt geschehe, aber er ward bald durch auswärtige
Kämpfe, besonders mit König Franz I. von Frankreich in Italien,
ganz in Anspruch genommen. Er blieb Deutschland Jahre lang
fern; das Reichsregiment, das, aus den Ständen des Reiches
gebildet, ihn vertreten sollte, hatte nur wenig Macht, zumal da mäch-
tige deutsche Fürsten, wie Luthers Landesherr, Kurfürst Friedrich
von Sachsen, und der junge feurige Landgraf Philipp von
Hessen, für die neue Lehre eintraten.
§ 159. Die Bilderstürmer von Wittenberg, 1522. Gewaltsam
unterdrückt ward also die Reformation in Deutschland nicht, wohl
aber hatte sie schwere innere Stürme zu bestehen. Während
Luther auf der Wartburg war, hatten sich in Wittenberg die Schwärm-
geister erhoben, d. h. Lehrer und Prediger, die behaupteten, sie
bedürften des Wortes Gottes nicht, auf welches sich Luther in seinen
Schriften berief, sondern ihre innere Erleuchtung führe sie allein
zur Wahrheit. Diese, meist eingewanderte Handwerker aus Zwickau,
zu denen sich aber auch Gelehrte, wie Luthers ftüherer Freund,
Dr. Karlstadt, gesellten, drohten Luthers reines Werk in wilden
Umsturz zu verwandeln. Sie drangen in die Kirchen, zerschlugen die
Bilder und entfernten gewaltsam alles, was an die Messe und das
katholische Priestertum erinnerte. Um diese Bilderstürmer zu be-
kämpfen, verließ Luther 1522 gegen den Willen feines Kurfürsten
die Wartburg und bändigte wirklich mit seines Geistes Gewalt und
mit seiner Predigt diesen bedenklichen Aufruhr.