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Die Deutschen. 5. Deutsche Nationalgeschichte. §§ 250.251.
Galizien an Rußland (das Napoleon damit bei seinem Bunde fest-
zuhalten suchte), ein Teil Oberösterreichs an Bayern. An die
Stelle Stadions trat als leitender Minister der geschmeidige Met-
ternich. Auch Österreich schien nun Vassall des Korsen zu werden,
zumal Napoleon, nach der Scheidung von seiner ersten Gemahlin
Joseph ine, die ihm keinen Thronerben geboren, um die Kaisertochter
Marie Luise warb, deren Hand ihm auch zu teil wurde (1810).
§ 251. Zeichen besserer Zukunft. Die Ergebnisse der Kämpfe
des Jahres 1809 schienen die Knechtschaft Deutschlands vollendet zu
haben, die Kämpfe selbst waren doch schon wie ein Morgenrot künf-
tiger Befreiung, namentlich da, wo das Volk selbst sich erhoben hatte.
1809. So in dem Aufstande der Tyroler, die, geleitet von schlichten
Volksmännern, namentlich dem Sandwirt Andreas Hof er, den Kampf
Österreichs mit treuer, aufopfernder Hingabe unterstützt hatten, bis sie,
im Wiener Frieden preisgegeben, unterlagen und Andreas Hofer als
Gefangener der Franzosen auf den Wällen von Mantua (1810) er¬
schossen wurde. Und neben diesem Volke hatte ein vertriebener deut-
scher Fürst, Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Öls, der
Sohn des unglücklichen Heerführers von Jena, die Waffen erhoben.
Seinen Vater hatte Napoleon mitleidslos bis zu seinem Grabe fern
dem Sitz seiner Väter gehetzt. Der Sohn als sein Rächer hatte
1809 ein Freikorps gebildet und seine schwarzen Zager und Husaren
von den Höhen des Erz- und Fichtelgebirges quer durch Deutschland
in einem kühnen Zuge bis an die Mündung der Weser geführt, wo
englische Schiffe ihn aufnahmen. Und in Preußen hatte der kühne
Major von Schill (§ 247) einen zwar unbotmäßigen, aber doch
edelgemeinten Aufstand auf eigene Hand mit seinem Regiment ver-
sucht und war erst nach heldenmütigem Kampfe mit seinen Tapfern
in Stralsund den verfolgenden Dänen und Franzosen erlegen.
Solche Beispiele von Heldenmut waren nicht verloren. Unend-
liches Leid hatte sich über die deutsche Nation gewälzt, aber es war
das Läuterungsfeuer, in welchem allmählich von Großen und Kleinen
die Schlacken der Selbstsucht, des Neides wegschmolzen; schon fingen
auch die Rheinbunds-Fürsten und Völker an ihrer Schande mite zu
werden. Der Tausch und Handel mit Menschen und Ländern, den
der fremde Herrfcher mit ihnen trieb, gleich als wären sie Herden
von Vieh oder Sklaven, die immer neuen Opfer an Gut und Blut,
die ihnen zugemutet wurden, reiften auch ihren Geist der künftigen
Befreiung entgegen.