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Frechheit erwägend, erkannte ich, daß sie nicht mit Worten, sondern durch die That
zurückzuweisen sei, und hielt eine allgemeine Versammlung sämtlicher Fürsten des
Reiches auf ihre eigene Bitte. Da nun hier alles, was bisher aus Scheu und Ehr¬
furcht mit Schweigen übergangen war, zur Sprache kam, so wurde es durch jener
Fürsten wahrhaftigen Spruch, welchen du aus ihren eigenen Briefen vernehmen
wirst, klar und offenbar, daß du in keiner Weise ferner auf dem apostolischen Stuhle
verharren könnest. Ihrer Entscheidung, welche gerecht und lobenswert vor Gott
und Menschen erschien, stimme auch ich bei, und spreche dir alles päpstliche Recht ab,
welches du bisher zu haben schienst, und ich befehle dir, daß du herabsteigst von dem
päpstlichen Stuhle."
Ein zweiter Brief, den Heinrich an den Papst richtete, lautet:
„Heinrich, nicht durch Gewalt, sondern durch Gottes weise Verordnung König,
an Hildebrand, nicht mehr den Papst, sondern den falschen Mönch.
Solchen Gruß hast du zu deiner Beschimpfung verdient, der du keinen Stand
in der Kirche verschont, sondern alle der Schmach anstatt der Ehre, des Fluches an¬
statt des Segens teilhaftig gemacht hast. Denn um von vielem nur Weniges und
das Bedeutendste anzuführen, die Vorsteher der heiligen Kirche, nämlich die Erz¬
bischöfe, Bischöfe, Priester, die Gesalbteu des Herrn, hast du dich nicht allein nicht
gescheut anzutasten, sondern wie Knechte hast du sie mit Füßen getreten. Sie alle,
wähntest du, verständen nichts, du aber allein wissest alles. Diese Wissenschaft aber
hast du nicht zur Erbauung, sondern zur Zerstörung anzuwenden getrachtet, fo daß
wir mit Recht glauben, der heilige Gregorius, dessen Namen du dir angemaßt hast,
habe in prophetischem Sinne deiner gedacht, da er spricht: „Durch den Reichtum der
Untergebenen wird in der Regel der Sinn des Vorgesetzten zum Hochmut verleitet,
und wenn er sieht, daß er mehr als alle übrigen vermag, so wähnt er auch größere
Einsicht als alle zu besitzen." Und dieses alles haben wir geduldet, weil wir die
Ehre des apostolischen Stuhles zu wahren suchten. Du aber hieltest unsere Demut
für Furcht und scheutest dich deshalb nicht, auch gegen die königliche Gewalt selber,
die Gott uns verliehen hat, dich zu erheben, und hast gewagt, die Drohung auszu¬
stoßen, daß du sie uns nehmen wolltest, gleich als ob wir das Reich von dir em¬
pfangen hätten, als ob die Königs- oder Kaiserkrone in deiner und nicht in Gottes
Hand wäre, in der Hand unseres Herrn Jesus Christus, der uns zur Herrschaft, dich
aber nicht zum Priestertum berufen hat. Denn auf solchen Stufen bist du empor¬
gestiegen: durch List hast du, was doch dem Mönchsgelübde ganz zuwider ist, Geld
dir erworben, durch Geld die Gunst der Menge, und durch ihre Gunst die Gewalt
der Waffen. Mit Gewalt der Waffen bist du dann dem Sitz des Friedens genaht,
und hast den Frieden selber von seinem Stuhle verjagt, indem du die Untergebenen
gegen ihre Vorgesetzten bewaffnetest, indem du, der du nicht berufen bist, unsere von
Gott berufenen Bischöfe zu verachten lehrtest, indem du den Priestern ihr Amt ent¬
rissen und es in die Hände der Laien gegeben hast, daß sie diejenigen absetzen oder
verdammen, welche sie selber von der Hand des Herrn durch die Weihe der Bischöfe
zur Unterweisung erhalten hatten. Mich auch, der ich, wenn gleich unwürdig, doch