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II. Das Zeitalter der Religionskriege.
Kaiser selbst. Jedoch vergeblich. Sie zogen daher unter Führung des
Grafen Matthias von Shunt nach Prag auf die Burg, stellten die kaiser-
lichen Statthalter drohend zur Rede und warfen zwei derselben nebst ihrem
Geheimschreiber zum Fenster hinaus. Hierauf setzten sie eine eigne Regie-
rnng ein, sammelten ein Heer und zogen, da inzwischen Matthias gestorben
war, nach Wien.
Hier hatte Ferdinand II. von Steiermark die Regierung angetreten
(1619-1637), dem auch die österreichischen Stände hart zusetzten, der
sich aber mit Hilfe von Treugebliebenen ihrer wie der Böhmen erwehrte
und in Frankfurt zum Kaiser gewählt ward. Die Böhmen erkannten ihn
nicht au und wählten den jungen Friedrich V. von der Pfalz, das
Haupt der Union, der mit Elisabeth, der Tochter König Jakobs I. von
England, vermählt war, zu ihrem Könige. Ferdinand fand Hilfe bei
der Liga und den Spaniern, auch der lutherische Kurfürst von Sachsen
schloß sich ihm an. Das Heer der Liga rückte in Böhmen ein und
schlug 1620 das böhmisch-pfälzische Heer in der Schlacht am Weißen
Berge, westlich von Prag, die nicht länger als eine Stunde dauerte.
Der „Winterkönig" Friedrich flüchtete über Breslau, Berlin nach Holland;
Prag unterwarf sich. Die Edelleute, die sich bei den Unruhen am meisten
bloßgestellt hatten, verließen ihre Heimat. Ferdinand vernichtete den
Majestätsbrief und verhängte später schwere Verfolgungen über die
Schuldigen; viele wurden hingerichtet und ihre Güter eingezogen.
Zum Lohn für die Hilfe der Liga erhielt Maximilian von Bayern
die pfälzischen Länder; deshalb verhängte der Kaiser 1621 die Acht über
Friedrich V. und sprach ihm die Knrwürde ab. Tilly rückte, unterstützt
von den Spaniern, in die Pfalz ein.
Das protestantische Deutschland sah diesen Vorgängen untätig zu,
die Union löste sich auf, nur die Niederlande, deren Krieg gegen
Spanien von neuem ausgebrochen war, gewährten dem Pfalzgrafen
Zuflucht und Hilfe. Für feine Sache stellten der Graf von Mans-
feld, der jugendliche Christian von Braunschweig, Administrator
des Bistums Halberstadt, und der Markgraf Georg Friedrich
von Baden-Durlach Heere ins Feld. Nachdem sie in mehreren
Schlachten besiegt worden waren, wurde die Pfalz und ihre Hauptstadt
Heidelberg von Spaniern und Ligisten besetzt. Als Christian von Braun-
schweig später von den Niederlanden ans in Westfalen einfiel, erlitt er
gegen Tilly bei Stadtlohn eine vollständige Niederlage (1623). Im
Laufe von zwei Jahren waren die pfälzischen Lande vollständig erobert
worden, die Ob erpsalz wurde darauf samt der Kur auf Maximilian
übertragen.
§ 119. Der Niedersächsisch-Dänische Krieg. Die Besorgnis vor dem
weiteren Vorrücken des ligistischen Heeres bestimmte die Mitglieder des
niedersächsischen Kreises und dessen Haupt, den König Christian IV.
von Dänemark, ein Heer aufzustellen, um den vertriebenen Kurfürsten