Die Entdeckungen.
91
§ 92. Christoph Kolumbus, in Genua als Sohn eines Wollenwebers
geboren, betrieb anfangs das Handwerk seines Vaters, ging dann aber auf
See. In Lissabon vermählte er sich und lebte mehrere Jahre auf der kleinen
Insel Portosanto, mit geographischen Studien beschäftigt. Er griff den Ge-
danken eines italienischen Arztes auf, der behauptete, man müsse, wenn man
nach Westen fahre, Indien erreichen. Aber als er zuerst mit dem Plane
einer Westfahrt hervortrat, fand er weder in Portugal noch in Spanien,
wohin er sich von dort wandte, Beifall. Nachdem er sieben Jahre vertröstet
worden war, beschloß er, in Frankreich sein Glück zu versuchen. Unterwegs
wurde er von einem klugen Mönche zurückgehalten und kehrte an den Hof
Jfabellas zurück. Als 1492 Granada erobert worden war, gewährte ihm
die Königin ihre Unterstützung. Am 3. August 1492 verließ Kolumbus mit
drei Schiffen den Hafen von Palos und landete am 12. Oktober desselben
Jahres auf Guanahani (Wallings Island). Auf der Weiterfahrt ent-
deckte er Kuba und Haiti, im Januar 1493 trat er die Rückreise an und
erreichte nach einem furchtbaren Sturme Lissabon und endlich Palos.
Die zweite Reise unternahm er schon an der Spitze einer ganzen Flotte.
Er entdeckte dabei Jamaika. Aus der dritten berührte er die Insel Trinidad.
Jetzt fanden aber Verleumdungen, die gegen ihn ausgestreut wurden, am
spanischen Hofe Gehör, und er wurde in Feffeln nach Europa zurückgeführt.
Zwar erhielt er hier die Freiheit, aber in feine frühere Stellung wurde er
nicht wieder eingesetzt. Auf seiner vierten Reife kam er nach Mittelamerika.
Die letzten Jahre verlebte er in Sevilla und starb 1506. Das neu ent¬
deckte Land wurde nach Amerigo Vespucci, der die erste Reisebeschreibung
herausgab, Amerika genannt. Unter den späteren Spaniern ragen hervor
B alboa, der die Landenge von Panama überschritt und zuerst den Stillen
Ozean erblickte, Ferdinand Cortez, der Eroberer von Mexiko, und
Franz Pizarro, der in Peru das lange vergeblich gesuchte Goldland
entdeckte und eroberte.
Auf fpanifchen Schiffen führte 1519 — 1522 der geborene Portugiese
Ferdinand Magalhäes die erste Weltumseglung aus.
§ 93. Vasco da Gama. Inzwischen hatten die Portugiesen den
Seeweg nach Ostindien gefunden. 1497 umsegelte Vasco da Gama
mit drei Schiffen das Kap der Guten Hoffnung, durchquerte den Indischen
Ozean und erreichte Kalikut am 20. Mai 1498. Mit reicher Fracht kehrte
er nach Lissabon zurück. Nun begannen die Portugiesen in Indien ein
großes Kolonialreich zu gründen, Cabral, der Entdecker Brasiliens,
legte die erste Niederlassung an, Alfonse d'Albuquerque, „der Große",
eroberte die wichtigsten Plätze am Meerbusen von Aden, am Persischen Meer,
an der Malaka-Straße und sicherte sich dadurch die Zugänge nach Indien.
Die Könige von Siam und Persien suchten seine Freundschaft. Goa und
Kalikut wurden die Mittelpunkte der portugiesischen Herrschaft. Vasco da
Gama vollendete das Werk.
Den Spaniern fiel somit fast ganz Amerika und die Ausbeutung seiner
unerschöpflichen Silberschätze zu, den Portugiesen Brasilien und Indien
mit seinem Reichtum an Gewürzen. Sie nahmen unter den Handel und
Schiffahrt treibenden Nationen von Europa die erste Stellung ein.