Full text: Römische Kaiserzeit, Deutsche und europäische Geschichte bis 1789 (Teil 2)

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IV. Habsburger und Luxemburger. 
§ 74. Rudolf I. von Habsburg. (1273—1291.) Nach dem Tode 
Richards traten die Fürsten, „denen es zusteht, den König zu küren", auf 
Geheiß des Papstes zur Wahl zusammen. Nach langen Verhandlungen 
lenkte endlich der Burggraf Friedrich III. von Nürnberg die Wahl auf 
seinen Schwager, den Grafen Rudolf von Habsburg. Die Grafen 
von Habsburg hatten ihr Stammschloß an der Mündung der Reuß in 
d:e Aare. Sie waren immer kaisertreue Herren gewesen und hatten statt- 
liche Besitzungen auf der Schweizerischen Hochebene, im Oberelsaß und 
tu Schwaben erworben. Rudolf wurde in Frankfurt gewählt und in 
Aachen gekrönt; er verfolgte von vornherein das Ziel, seine Hausmacht 
zu vergrößern. 
Der mächtigste Fürst war damals König Ottokar von Böhmen, 
der kühn und tatkräftig die Zeit des Zwischenreichs benutzt hatte, um Öfter- 
reich und Steiermark, die nach dem Aussterben der Babenberger herrenlos 
waren, sowie Kärnten und Kram an sich zu bringen. 1273 herrschte er 
vom Erz- und Riesengebirge bis zum Adriatischen Meere. Ottokar, der 
sich selbst Hoffnung auf die Krone gemacht hatte, erkannte Rudolf nicht 
als König an, ja er legte beim Papst gegen ihn Verwahrung ein, als 
einen „wenig tauglichen Grafen, den der Bettelsack drücket". Da Rudolf 
aber schon vor seiner Wahl mit den Kurfürsten verabredet hatte, daß alles 
seit Friedrich II. abhanden gekommene Reichsgut wieder zurückgegeben werden 
solle, schritt er endlich gegen Ottokar ein. Nachdem dieser auf wiederholte 
Aufforderung nicht vor dem königlichen Gericht erschienen war, wurde die 
Reichsacht über ihn verhängt. Rudolf zog gegen ihn zu Felde, und Ottokar 
mußte sich demütigen. Er behielt Böhmen und Mähren, die übrigen Länder 
fielen ans Reich zurück. 
Doch der stolze Böhmenkönig beruhigte sich dabei nicht; er griff noch 
einmal zu den Waffen. Aber in der Schlacht auf dem Marchfelde 1278 
wurde er nach lange hin und her schwankendem Kampfe geschlagen und 
fiel. Böhmen und Mähren gingen auf seinen Sohn über. Die eroberten 
Herzogtümer verlieh Rudolf seinem Sohne Albrecht (1282), während er 
für seinen zweiten Sohn Rudolf das Herzogtum Schwaben herzustellen 
versuchte (s. §65); das Haus Habsburg war das mächtigste im 
Reiche geworden. 
Rudolf hat sich um den Landfrieden redlich bemüht. Von Erfurt 
aus hat er die Raubritter Thüringens mit harter Hand gezüchtigt. Doch 
spürte man im Norden des Reiches sonst wenig von seiner Macht. Ver- 
geblich suchte er noch bei Lebzeiten einen seiner Söhne zum Nachfolger 
im Reiche wählen zu lassen. Dreiundsiebzig Jahre alt, starb er in Speyer 
und wurde im Dome daselbst beigefetzt. „Er war", so beschreibt ihn ein 
Zeitgenosse, „ein großer Mann, sieben Fuß lang, schlank, mit kleinem 
Kopf, bleichem Gesicht und langer Nafe. Er hatte wenig Haare, lange, 
schmale Hände und Füße. In Speise und Trank war er mäßig; ein 
weifer und umsichtiger Mann."
	        
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