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Das Zeitalter der Französischen Revolution und Napoleons.
erzwungen (26.-28. Nov.). Nun aber lösten sich die Reste des Heeres
in regellose Haufen von Flüchtlingen auf; von den 36000 Bayern kehrten
nur etwa 2000, von den 15000 Württembergern etwa 300, von über
6000 Badenern 400 in die Heimat zurück. Napoleon gab sein Heer ver-
loren, eilte im Schlitten nach Paris und war am 18. Dezember in den
Tnilerien. Durch das 29. Bulletin (vom 3. Dezember) erfuhr die Welt,
die bis dahin im ungewissen gehalten worden war, das fürchterliche
Schicksal der Großen Armee. „Mehr als 30000 Pferde", hieß es da,
„verendeten in wenigen Tagen, unsere Reiter sahen sich gezwungen zu
Fuß zu gehen, unsere Artillerie und unsere Gepäckwagen waren ohne
Bespannung. Ein großer Teil der Geschütze, unserer Munition und nn-
seres Proviants mußte unbrauchbar gemacht und im Stich gelassen werden."
Und weiter: „Es ergibt sich daraus die Notwendigkeit für das Heer, die
Manneszucht wiederherzustellen, sich neu zu formieren, die Reiterei wieder
beritten, die Artillerie und den Train wieder bespannt zu machen." Es
schloß: „Das Befinden Seiner Majestät ist so ausgezeichnet wie jemals."
1. Der deutsche Befreiungskrieg.
§ 22. Die Konvention von Tauroggen. Das preußische Korps
von 20000 Mann hatte unter Jork an den Kämpfen der linken Flügel-
armee teilgenommen. Auf dem Rückzug erhielt es den Auftrag, die fran-
zösische Armee gegen ihre Verfolger zu decken. Durch einen späteren
Abmarsch, böse Wege und ungünstige Witterung geriet Jork in eine Lage,
in der er so sehr von den Russen gefährdet wurde, daß er zwischen der
Alternative wählen mußte, entweder einen großen Teil feiner Truppen
und alles Material zu verlieren oder alles zu retten. Da hielt er es
für seine Pflicht, wie ihm der König für diesen Fall schon im August
insgeheim befohlen hatte, mit dem Führer der russischen Armee ein Ab-
kommen zu schließen, demzufolge fein Korps sich in Ostpreußen lagerte.
Hier sollte es neutral bleiben und sich gegen keine Partei Feindseligkeiten
erlauben. Die Konvention wurde am 30. Dezember 1812 in der
Poscheruuer Mühle unweit Tauroggen abgeschlossen. Jork fügte seinem
Bericht au den König die Worte hinzu: „Euer Majestät lege ich willig
meinen Kopf zu Füßen, wenn ich gefehlt haben sollte. Ich würde mit
der freudigen Beruhigung sterben, wenigstens nicht als treuer Untertan
und wahrer Preuße gefehlt zu haben. Jetzt oder nie ist der Zeitpunkt,
wo Euer Majestät sich von den übermütigen Forderungen eines Alliierten
losreißen können, dessen Pläne mit Preußen in ein mit Recht Besorgnis
erregendes Dunkel gehüllt waren, wenn das Glück ihm treu geblieben
wäre. Diese Ansicht hat mich geleitet, gebe Gott, daß sie zum Heile des
Vaterlandes führe." Und in einem zweiten Briefe hieß es: „In dem
Ausspruch Eurer Majestät liegt das Schicksal der Welt."
Die Konvention von Tauroggen war der erste Schritt zur
Befreiung des Vaterlandes. Wiederum erhob sich ein Volk, um
für seine Freiheit zu kämpfen, das preußische.