Quellensätze.
5) Aus Luthers „Sendbrief vom Dolmetschen". Nun es verdeutscht und
bereit ist, kann's ein jeder lesen und meistern, läuft einer jetzt mit den Augen durch
drei, vier Blätter und stößt nicht einmal an, wird aber nicht gewahr, welche
Wacken (Feldsteine) und Klötze da gelegen sind, da es jetzt überhin geht wie über
ein gehobelt Brett, da haben wir müssen schwitzen und uns ängsten. Ach, ein groß
und verdrießlich Werk ist es, die hebräischen Schreiber zu zwingen, Deutsch zu reden—
Man muß nicht die Buchstaben in der fremden Sprache fragen, wie man Deutsch
reden soll, sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gasse, den
gemeinen Mann auf dem Markt darum fragen und denselben aufs Maul sehen.
6) Wallenstein schrieb an den Kaiser*): Das combat hat von frühe ange¬
fangen und den ganzen Tag caldissimamente gewährt. Alle Soldaten Ew. kaiserl.
Armee haben sich so tapfer gehalten, als ich's in einiger occasion mein Leben lang
gesehen, und niemand hat einen fallo in valor gezeigt. Der König hat sein Volk
über die Maßen discoragirt: Ew. Majestät Armee aber, indem sie gesehen, wie der
König repussirt wurde, ist mehr denn zuvor assekurirt.
7) Ferdinand II. an Wallenstein **):
Hochgebomer Fürst, lieber Ohemtb!
Weiln ich heute den glygseeligen Sncceß und des schweden tott von dem
Diodati vernommen, alß habe ich keinen umgang nemmen wollen, zevörderts den
Obr. Löbl. ztte E. L. abzufertigen und zuegleich mir undt E. L. zu congratuliren,
inmaßen Sie mit mehreren von Jme werde vernehmen können. Gott sei Ewigen
lob und dankh gesagt; und E. L. haben mich mit dero Vleiß und Vigilancia noch
mehres verobligiret.
Dero bin ich beinebens mit Kay. Huld, lieb und affectiort allezeit beigethan
verbleibe
Datum Wien, den 29. Novembris Anno 1632.
E- L. Guetwilliger Freundt
Ferdinand.
8) Der deutsche Friede.
Was kostet unser Fried'? O, wieviel Zeit und Jahre!
Was kostet unser Fried'? O, wieviel graue Haare!
Was kostet unser Fried'? O, wieviel Ströme Blut!
Was kostet unser Fried'? O, wieviel Tonnen Gut!
Ergötzt er auch dafür und lohnt soviel Veröden?
Ja. Wem? Frag Echo drum. Wen meint sie wohl?
(Echo): Den Schweden. (Friedrich von Logau.)
9) Aus Briefen der Elisabeth Eharlotte***). Ich halte es für ein groß
Lob, wenn man sagt, daß ich ein deutsch Herz habe und mein Vaterland liebe. Könnte
ich mit Ehren nach Deutschland, würdet ihr mich bald sehen. Deutschland war mir
lieber, und ich faud es nach meinem Sinn viel angenehmer, wie es weniger Pracht
und mehr Aufrichtigkeit hat ... . Ich höre als recht gern, wie es in Deutschland
zugeht, bin wie die alten Kutscher oder Fuhrleute, die noch gern die Peitsch klacken
hören, wenn sie nicht mehr fahren können .... Es ist nun 34 Jahr, daß ich in
Frankreich bin, und habe mich noch nicht an das Effen hier im Lande gewöhnen
können, esse mein Leben keinen Ragout, kann weder Tee, Kaffee noch Schokolade ver-
tragen, kann nicht begreifen, wie man es gern trinkt .... Wie gern wollte ich den
Pfannkuchen von Eurer Kammermagd essen! Das sollte mir besser schmecken als
alles, was meine Köche machen .... Ich esse das ganze Jahr zu Mittag mutter-
allein, eile mich soviel möglich, denn es ist verdrießlich, allein zu essen und zwanzig
*) Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins.
**) 7. 11. 15. 18. 19. 20. nach Schilling. Qnellenbnch.
***) Nach W. Müller, Historische Frauen.