Full text: Die Zeit der Religionskämpfe und die Zeit der unumschränkten Fürstengewalt, Brandenburgisch-Preußische Geschichte (H. 3)

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Brandenburgisch-Preußische Geschichte. 
§88 
Die Gemahlin des Kurfürsten, Elisabeth von Dänemark, las 
1528. eifrig die Schriften Luthers und nahm 1528 das Abendmahl in beiderlei 
Gestalt. Der Kurfürst erfuhr es. Um seinem Zorn zu entgehen, floh sie 
nach dem Kurfürstentum Sachsen und kehrte erst nach dem Tode ihres 
Gemahls nach Berlin zurück. 
Joachim I. teilte sein Land entgegen den Bestimmungen des Achilleischen 
Hausgesetzes unter seine beiden Söhne: der ältere, der nachmalige 
-Joachim II., erhielt die Kurmark, der jüngere, als Herrscher Hans 
von Küstrin genannt, die Neumark. Da dieser keine Söhne hinterließ, 
wurde sein Land nach seinem Tode (1571) wieder mit der Kurmark vereinigt. 
1535. 2. Joachim II., 1535—1571, wegen seiner Gewandtheit in Ritter- 
spielen Hektor genannt, führte die Reformation ein*), indem er am 
1539. 1. November 1539 mit dem gesamten Hofe und zahlreicher Ritterschaft 
~ zur lutherischen Lehre übertrat. In wenigen Tagen folgte das ganze 
Land, und der längst vorbereitete Übergang vollzog sich ohne jede Er- 
schütteruug. Die Klöster gingen allmählich ein; ihre Güter wurden als 
kurfürstliche Güter eingezogen, die Gebäude zum großen Teil in Schul- 
Häuser und Krankenhäuser umgewandelt. Am Schmalkaldischen Bunde 
aber und am Schmalkaldischen Kriege nahm Joachim II. nicht teil; denn 
er stand in einem natürlichen Gegensatz zu der protestantischen Vormacht 
Kursachsen und trachtete nach dem Besitz der Stifter Magdeburg und 
Halberstadt, die von den beiden einander befehdenden sächsischen Vettern 
umwizrbeu wurden. Zudem war der Kurfürst friedlich gesinnt. 
In der auswärtigen Politik bereitete Joachim II. mit Hilfe seines 
verdienstvollen Kanzlers L amp ert Distelmeyer**) zwei wichtige Erwer- 
bnngenvor: er schloß 1537 mit dem Herzoge von Briea. Lieanik und 
Wo hl au einen Erbvertrag und erlangte vom polnischen Könige, dessen 
Schwiegersohn er war, die Mitbelehnnng mit dem Herzogtum Preußen. 
Dadurch erhielten seine Nachkommen das Recht der Erbfolge nach dem 
Erlöschen der herzoglichen Häuser in diesen Ländern. 
Joachim II., der ein prachtliebender Herrscher war, wandte große 
Summen für glänzende Turniere und andere Hoffestlichkeiten sowie für 
Bauwerke auf: er ließ Jagd- und Lustschlösser erbauen (auch einen 
Dom in Berlin und die Festungswerke in Spandau). Solche Neigungen 
förderten zwar die Kunst (insbesondere das Kunstgewerbe), führten aber 
zu einer Schulden Wirtschaft. Die Stände bewilligten die notwendigsten 
Steuern zur Abhilfe, um dafür wichtige Zugeständnisse einzutauschen. 
*) Denselben Schritt hatte Hans von Küstrin bereits getan. 
**) Er war Sachse und hatte einen zahlreichen Anhang mitgenommen, den er in 
märkischen Beamtenstellungen unterbrachte. Gegen diese „Meißner" richtete sich der Un- 
Wille des einheimischen Adels. In drastischer Weise machte sich z. B. der Unmut von 
50 verarmten, nur das märkische Platt beherrschenden Adligen in einer Eingabe an 
Joachim II. Luft. Sie wenden sich gegen die fremden Räte, den „Unrat fremder 
Länder", und erklären, sie wollen „mit eigenen Ochsen pflügen"! Ein Landesfremder 
war auch der zweite bedeutende Staatsmann Joachims, Eustachius von Schließen.
	        
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