Dritte Periode. § 78. Napoleons Macht.
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wo Goethe (f 1832), Schiller (f 1805), Herder (f 1803) und Wieland
(f 1813) wirkten, wurde von den großen Weltbegebenheiten nicht berührt.
Doch hinterließ Schiller in seinem Wilhelm Tell ein Denkmal, an dem die
Jugend sich zur Freiheits- und Vaterlandsliebe begeistern konnte.
c) Ein erfreuliches Bild bot das preußischeKönigsh aus. Friedrich
Wilhelm III., der seinem Vater 1797 in der Regierung folgte, war 1797.
ein ernster, sittenstrenger Charakter, der sich schon als Kronprinz von
dem geräuschvollen Hofleben nicht angezogen fühlte. Er fand das höchste
Glück in seinem Hause. Seine Gemahlin war Luise von Mecklenburg-
Strelitz.
Luise wurde 1776 in Hannover, wo ihr Vater Statthalter war, geboren. Nach
dem frühen Tode ihrer Mutter wurde sie in Darmstadt von ihrer Großmutter, der Land-
gräfin, in einfacher Weise erzogen. Ihre Gouvernante war eine französische Schweizerin,
deren wohlthätigen Einfluß Luise später dankbar anerkannte; doch war ihre Erziehung
zu sehr französisch und zu wenig deutsch, ein Mangel, den sie als Kronprinzessin durch
eifriges Studium der deutschen Geschichte und Litteratur auszugleichen suchte. 1793 wurde 1793.
sie in Frankfurt a. M, wo sich das preußische Hauptquartier befand (in welchem Kriege?),
mit ihrem künstigen Gemahl bekannt, und im Dezember desselben Jahres hielt sie durch
das vor kurzem erbaute Brandenburger Thor (Fig. 73) ihren Einzug in die preußische
Hauptstadt. Ihr Familienleben war ein seltnes Muster schöner Häuslichkeit, aus der
alle steife Förmlichkeit verbannt war. Am liebsten lebten Friedrich Wilhelm und Luise
auch nach ihrer Thronbesteigung, in ländlicher Stille auf ihrem Gute zu Paretz bei Potsdam.
Kurz bevor sie den Thron bestieg, wurde ihr zweiter Sohn, der spätere König und Kaiser 1797.
Wilhelm I., geboren. Als Königin nahm sie an den Schicksalen des Staates den leb-
haftesten Anteil.
Der preußische Staat befand sich nicht mehr auf der früheren Höhe.
Eine bedeutende Schuldenlast hatte sich angehäuft; im Heerwesen wurden
die veralteten Formen aus der Zeit Friedrichs des Großen strenge beibe¬
halten, aber fein Geist fehlte; durch den ersten Koalitionskrieg hatte das
Ansehen des Staates gelitten. Durch eine harte Leidensschule sollte er
geläutert werden.
2. Der dritte Aoaliüonskrieg, 1(805. Nachdem Napoleon, um England
zu schaden, Hannover hatte besetzen lassen, schloß England mit Österreich
und Rußland einen neuen Bund gegen Frankreich, während der friedliebende
Friedrich Wilhelm IIL noch dem Kriege fernbleiben zu können hoffte. Die
französische Flotte wurde von den Engländern unter Nelson beim Borge-
birge Trasalg ar vernichtet (Nelson f). Dagegen drang Napoleon, unter-
stützt durch die Fürsten von Baden, Württemberg und Bayern, in Österreich
ein und besiegte die vereinigten Österreicher und Russen in der Dreikaiser-
schleicht bei Austerlitz (2. Dezember) so entscheidend, daß Kaiser Franz 1805.
den Frieden zu Preßburg schloß. Er mußte Venetien an Frankreich, Tirol an
Bayern und die schwäbischen Besitzungen an Baden und Württemberg abtreten.