fullscreen: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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eine gewisse Hinneigung zur Nachahmung. Die Liebe zum Aus¬ 
ländischen bewog die Slawen stets das Fremde dem Vaterländischen, 
fremde Sprache und Lebensweise der einheimischen vorzuziehen. 
3) Das Christenthum bis zum Beginn des Mittelalters. 
Wir haben (Band I. S. 663—666) von dem tiefen Verfall 
der polytheistischen Religionen des Alterthums gesprochen und wir Verbreitung' 
haben gesehen, wie bei den Römern und den diesen unterworfe- ^Rei'igwn.*" 
nen Völkern gänzlicher Unglaube, der unsinnigste Aberglaube und 
grenzenlose Lasterhaftigkeit immer mehr überhand nahmen. Nur 
das kleine verachtete Volk der Juden hatte in seiner Jehovah-Re- 
ligion eine reine Erkenntniß der Gottheit bewahrt, und wenn auch 
diese Quelle der Erkenntniß durch Menscheusatzungen vielfach ver¬ 
baut und getrübt war, so konnte doch der fromme Jude in seinen 
heiligen Schriften aus ungetrübter Quelle schöpfen. Ja die heili¬ 
gen Schriften dieses Volkes waren in der, unter dem ersten Pto¬ 
lemäer veranstalteten, Uebertragung derselben in die griechische 
Sprache (die Septuaginta) bereits auch den Heiden zugänglich ge¬ 
worben, und da Juden in allen Ländern des römischen Reiches 
angesiedelt waren und auch in der Fremde streng an ihrem Gesetze 
hielten, so war deren Lehre von einem Gotte den Heiden nicht 
unbekannt. War auch das jüdische Volk wegen seiner abstoßenden 
Eigenthümlichkeiten bei der Mehrzahl der Heiden verhaßt und ver¬ 
achtet, so bekamen doch nicht wenige der letzteren, welche die Ju¬ 
den in deren eigenem Lande kennen lernten, einen besseren Begriff 
von der Religion derselben und flüchteten sich, weil ihnen ihre Göt¬ 
ter weder Trost noch Hülfe gewährten, in das auch den Heiden 
sich öffnende Heiligthum Israels. Das waren die sogenannten Ju¬ 
dengenossen, unter denen man Proselyten des Thors und 
Proselyten der Gerechtigkeit unterschied. Erstere waren solche 
Heiden, welche sich zur Beobachtung der sieben sogenannten noachi- 
schen Gebote d. i zur Enthaltung von Gotteslästerung, vom Göt¬ 
zendienst, vom Todtschlag, von der Blutschande, vom Raub, von 
der Widersetzlichkeit gegen die Obrigkeit und vom Essen des frischen, 
noch blutenden Fleisches verbindlich machten. Letztere waren dieje¬ 
nigen Heiden, welche die ganze jüdische Religion annahmen und 
durch Beschneibung förmlich zum Judenthum übergetreten waren. 
Je weniger die Heiden in ihren Religionen Trost und Beru- ^nMcMae^ 
higung fanden, desto stärker erwachte und verbreitete sich die auch Geburr Jkf^ 
in vielen heidnischen Religionen enthaltene Hoffnung und Ver¬ 
heißung der Erlösung und Welterneucrung. Begeisterte weissagten 
die Wiederkehr der verlorenen goldenen Zeit, ja sie knüpften diese 
an die Erscheinung einer von Gott gesandten Person. Prophetir 
sche Sprüche und Dichter deuteten auf den Ablauf eines Weltalters 
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