90 Dritte Periode. Die Zeit der Umwälzungen. § 99.
Der Bildhauer Schwanthaler, ein außerordentlich fruchtbares
Talent, versah die bayrische Hauptstadt mit einer Fülle von plastischem
Schmuck. (Die riesige eherne BaVaria vor der Ruhmeshalle.)
_ Auch für die deutschen Maler hörte Rom auf, der Mittelpunkt
zu fein, seitdem Cornelius 1819 die Aufforderung erhalten hatte,
die Glyptothek mit Fresken zu bemalen. Später gab ihm der König
neue große Aufträge: er hatte in der Pinakothek und in der Ludwigs-
kirche Fresken zu malen. Sein Jüngstes Gericht an der Altar-
wand dieser Kirche, eine der bedeutendsten Schöpfungen der neueren
Malerei, fand nicht den Beifall des Königs, der die ideale Richtung*)
des Malers nicht würdigte und die Vernachlässigung mancher Einzel-
heiten nicht verzieh. „Cornelius kann nicht malen." Cornelius aber
ging gekränkt nach Berlin, wo er seine letzten Jahre verlebte. (Ent-
würfe zu Fresken einer Friedhofshalle, jetzt in der Nationalgalerie.) —
Auch Schnorr von Carolsfeld wurde nach München berufen; er
schmückte die Säle des königlichen Schlosses mit Fresken aus der
Nibelungensage. Später zeichnete er seine Bibelillustrationen.
Welche Ereignisse mußten den deutschen Einheitsgedanken fördern?
§ 99. Das 3al)r 1848 und seine Folgen.
V Frankreich. Der Regierung Ludwig Philipps standen die Par-
teien der Republikaner, der Bonapartisten und die Anhänger der ver-
triebenen Bourbons von jeher feindlich gegenüber. Am gefährlichsten
aber wurden dem „Bürgerkönig", der die wohlhabenden Klassen der
Bevölkerung begünstigte, die unter den besitzlosen Arbeitern sich aus¬
breitenden Lehren der Sozialdemokratie, welche die bestehenden Ver-
Hältnisse des Staates und der Gesellschaft aus Grund der Gemein-
samkeit der Arbeit und Verteilung des Ertrages umzustürzen sucht.
1848. Die Gärung kam zum Ausbruch in der Februarrevolution in
Paris. Der zaghafte König entfloh, die Republik wurde erklärt, und
die Sozialdemokraten führten ihre Nationalwerkstätten ein.
Als eine zur Beratung der Verfassung zusammengetretene National-
Versammlung diese Werkstätten aufzuheben beschloß, brach im Juni
ein wilder Aufstand der Sozialdemokraten aus. Die gemäßigten
Republikaner siegten in blutigem Straßenkampfe über die „Roten".
*) „Die höchste Aufgabe einer jeden Kunst ist, durch den Schein die
Täuschung einer höheren Wirklichkeit zu geben. Ein falsches Bestreben aber ist,
den Schein so lange zu verwirklichen, bis endlich nur ein gemeines Wirkliche
übrig bleibt." (Goethe, Dichtung und Wahrheit HI.)