22
Überblick über die Brandenburgisch-Preußische Geschichte.
er begraben. Seine Regierung dauerte von 1499 bis 1535. Durch
Testament hatte er seinem zweiten Sohne Johann die Neumark mit
der Residenz Küstrin verliehen. Das war gegen die Dispositio Achillea.
Nach Johanns Tode fiel die Neumark wieder an das Stammland zurück.
Aurfürst Joachim II.
Joachim II. regierte von 1535 bis 1571. Seine Regierung fällt in
die letzte Hälfte der Regierung Kaiser Karls V. und in diejenige des
Kaisers Ferdinand I.
Wichtige Ereignisse. Drei wichtige Ereignisse kennzeichnen diesen Zeit-
abschnitt. Erstens trat der Kurfürst mit seiner Familie im Jahre 1539
zur evangelischen Kirche über. Seit 1539 gehört unser Herrscher¬
haus dem evangelischen Bekennwisse an. Zweitens schloß Joachim einen
Erbvertrag mit dem Herzoge Friedrich II. von Liegnitz, Brieg und
Wohlau in Schlesien, der mit einer Prinzessin aus dem Hause Hohen-
zollern vermählt war. Diesen Vertrag erklärte Kaiser Ferdinand L als
König von Böhmen und Oberlehnsherr Friedrichs II. für ungültig. Nach
dem Aussterben des herzoglichen Hauses (1675) setzte sich daher Österreich
in den Besitz der genannten Gebiete. Erst im 18. Jahrhundert brachte
König Friedrich II. von Preußen in den Schleichen Kriegen die Rechte
seines Vorgängers zur Geltung. Drittens empfing er vom Könige von
Polen die Mitbelehnung über das Herzogtum Preußen. Infolge-
dessen hatte der Kurfürst nach dem Aussterben der verwandten herzog-
lichen Familie die nächste Anwartschaft auf das Herzogtum.
Persönlichkeit. Kurfürst Joachim II. besaß eine gründliche Bildung
in den alten Sprachen und in der Volkswirtschaft. Seinen Gesichts-
kreis hatte er durch Reisen erweitert. Im Jahre 1532 führte er das Reichs-
Heer gegen die Türken und zeichnete sich durch Tapferkeit so sehr aus,
daß Kaiser Karl V. ihm eigenhändig den Ritterschlag erteilte. Man legte
ihm den Beinamen Hektor bei, um seine Tapferkeit zu ehren. *)
Aurfürst Johann Georg.
Im Alter von 46 Jahren trat Johann Georg die Regierung an.
Seine wissenschaftliche Ausbildung hatte er an der Universität Frankfurt
genossen; in ritterlichen Künsten war er wohlerfahren.
Gegen den Aufwand der Bürger erließ er strenge Verordnungen. Er
teilte die Bürger nach ihrer Berufsart in vier Rangklassen und
schrieb genau vor, wie die Angehörigen der einzelnen Klassen
sich zu kleiden hätten, und wieviel sie bei den einzelnen Fa-
milienfesten verausgaben dürften. Er selbst ging mit dem Beispiele
*) Hektor war der tapferste der Helden, die im Trojanischen Kriege Troja gegen
die Griechen verteidigten.