208' - Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts. 
Um der Anmaßung einen Schein von Recht zu geben, ließ nunmehr Ludwig 
in Metz und Breisach sogenannte Reunionskammern zur Ermitte¬ 
lung dieser Pertinenzstücke errichten und ward so Klager, Richter und Voll¬ 
strecker in Einer Person. 
1680. Der Gerichtshof von Metz sprach 80 außerhalb Frankreich liegende Lehen an, die 
Kammer von Breisach zehn elsässische Reichsstädte nebst dem Gebiet von Hagenau und 
Weißenburg, so daß allmählich 600 Städte, Flecken, Dörfer, Burgen, Mühlen u. s. w. 
mit Frankreich verbunden wurden. Der glückliche Fortgang ermuthigte zu neuen Unter¬ 
nehmungen. Dem Herzog von Würtemberg wurde Mümpelgard, dem König von 
Schweden seine Besitzungen in Pfalz-Zweibrücken und den Spaniern Luxemburg 
u. a. niederländische Städte entrissen. 
Aber die Krone setzte Ludwig diesem Raubsysteme dadurch auf, daß er 
30;ig?lmitten im Frieden die freie Stadt Straßburg dem deutschen Reiche 
entriß. Der verrätherische Bischof Franz Egon von Fürsten b erg war bei 
der Ueberraschung und Besetzung behülflich. Die einst freie Bürgerschaft 
mußte nach ihrer Entwaffnung dem fremden Machthaber knieend den Unter- 
thaneneid leisten; das Münster wurde dem katholischen Cultus zurückgegeben 
und das Zeughaus geleert. Statt mit vereinten Kräften den Uebermuth zu 
strafen, schloffen der Kaiser, Spanien und das durch Confessionshaß gespal- 
^o^ug-tene deutsche Reich mit dem despotischen Monarchen zu Regensburg 
einen zw a n zi gj a h ri g e n Waffenstillstand, in dem alle reunirten und 
geraubten Gebiete und Ortschaften dem letztern überlassen wurden mit der 
einzigen Bedingung, daß er damit zufrieden sein und seine Reunionen ein¬ 
stellen sollte. Aber die Langmuth der Nachbarn steigerte nur Ludwigs Hab¬ 
gier und Uebermuth. Die Grenzverletzungen am Rhein und anderwärts 
dauerten fort und auch.über Italien dehnte Louvois und sein despotischer 
Gebieter die Gewaltstreiche aus. Casale, der Schlüssel zum Mailandi- 
schen, wurde besetzt und Genua bombardirt. 
tz. 620. DieTürken vorWien. Wahrend dieser ganzen Zeit war 
Kaiser Leopold im Osten seines Reichs beschäftigt. In Ungarn hatten die 
Bedrückungen der Protestanten durch die unter dem Einfluß der Jesuiten 
stehende bstreichische Regierung, die Verletzung ständischer Rechte, die Ge- 
waltthätigkeiten gegen einige Magnaten und die schweren Einquartirungen 
gerade in dem Augenblick gefährliche Aufstände erregt, als einige rüstige 
Großveziere die Eroberungspläne früherer Sultane erneuten und den kriege¬ 
rischen Geist der Ianitscharen wieder weckten. Der Fürst von Siebenbür¬ 
gen ward gezwungen, der Pforte einen hohen Tribut zu entrichten, und 
als der Adel jenes Landes mit östreichischer Hülfe das türkische Joch abschüt¬ 
teln wollte, wurde nicht nur Siebenbürgen in größere Abhängigkeit gebracht, 
sondern die Osmanen besetzten auch ganz Niederungarn und wären noch 
i66i. weiter gedrungen, hätte nicht Montecuculi's glänzender Sieg bei St. 
Gotthard an der Raab ihren Lauf gehemmt. Die mit den Türken abge-
	        
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