26 Das Zeitalter der sächsischen ftaiser.
Rückblick. Aus der Kulwrgeschichte des sächsischen Zeitalters
Von 919—1024, länger als ein Jahrhundert, haben die Kaiser
aus dem Stamme Widukiuds das deutsche Reich mit Ruhm beherrscht.
Der kriegerisch ritterliche Ton, der am Hose herrschte, wurde veredelt
und verfeinert durch die vornehme Geistes- und Herzensbildung der
Fürstinnen. Begünstigt vom Hofe blühten die Klosterschulen wieder auf,
die unter der schwachen Regierung der letzten Karolinger nur ein kümmer-
liches Dasein gefristet hatten. Nicht nur die Söhne, auch die Töchter
der vornehmen Geschlechter genossen in den Klosterschulen Erziehung und
Unterricht. Prinzessinnen des kaiserlichen Hauses standen nicht selten den
Frauenklöstern als Äbtissinnen vor. In Gandersheim unterrichtete
Gerberge, eine Tochter Ottos I., die Nonnen in der lateinischen Sprache.
Alles, was die Knaben in den Schulen der Mönche lernen mußten,
lernten die Mädchen in den Frauenklöstern von den Nonnen. Das ge-
wohnliche Kommuniongeschenk für ein im Kloster erzogenes Mädchen
war ein lateinisches Gebetbuch. An Erziehung und Bildung standen die
Mädchen der vornehmen Familien den Jünglingen gleich. Dabei wurden
die eigentlich weiblichen Arbeiten nicht vergessen. Als Otto der Große,
mit der Kaiserkrone geschmückt, aus Italien heimkehrte, besuchte er in der
Kirche St. Alban zu Mainz das Grabmal seiner inzwischen verstorbenen
Tochter Liutgarde, und über dem Grabe sah er die goldene Spindel
hängen, die dem fleißigen Königskinde bei der Arbeit gedient hatte. So
erklären die gediegene Erziehung und der häusliche Fleiß leicht den großen
Einfluß, den die Fürstinnen des sächsischen Kaiserhauses auf die Kaiser
ausübten.
Wegen ihres frommen Lebens, ihrer reichen Schenkungen an Kirchen,
Klöster und Arme wurden Kaiser Heinrich II., die Königin Mathilde, die
Kaiserinnen AdefHeid und Kunigunde von den Päpsten in die Zahl der
Heiligen der katholischen Kirche aufgenommen.
Im Kloster zu Gandersheim lebte auch die älteste Dichterin der
Deutschen, die Nonne Roswitha. In lateinischer Sprache hat sie eine
Geschichte ihres Klosters verfaßt und die Thaten Ottos I. beschrieben.
Beide Werke sind wichtige Quellen für die Geschichte der damaligen Zeit.
Außerdem schrieb sie Legenden und Komödien, in denen sie mit Vorliebe
das weibliche Märtyrertum darstellt und die Heldenstärke preist, die selbst
das schwache Weib durch den Glauben gewinnt.
Die ottonischen Kaiser waren mächtige Förderer der Städte. Die
Verbindung mit Italien kam der gewerblichen Thätigkeit und dem Handel
zu gute. Im Harz wurde Bergbau getrieben; Leinwand, Leder, Metalle
wurden kunstvoll verarbeitet und in den Handel gebracht. Die Bischöfe
Bernward von Hildesheim und Meinwerk von Paderborn thaten