Rückblick. — Karl IV.
63
Zu Rhens versammelten sich häufig die Fürsten des Reiches, besonders
die rheinischen Fürsten. Unter uralten Nußbäumen stand dort ein steinerner
Altan, von neun Säulen getragen. Erschallte hier das Hifthorn, so wurde
es in den Ländern von vier Kurfürsten gehört; denn die Grenzen der Kur-
fürftentümer Mainz, Trier, Köln und der Pfalzgrafschaft des Rheins stießen
hier zusammen. Den Königsstuhl zu Rhense nannte man diese wichtige
Stätte.
So standen die Kurfürsten einmütig zum Kaiser. Aber bald hatte
er es mit ihnen verdorben. Schuld daran war seine Ländersucht. Die
Markgrafschaft Brandenburg gab er seinem Sohne, obfchon er sie dem
Könige Johann von Böhmen vor der Schlacht bei Mühldorf für seine
Hilfe versprochen hatte. Nach dem Tode des letzten Grafen von Holland
belehnte er seine eigene Gemahlin, welche dessen Schwester war, mit jenen
Ländern. Die Erbin von Kärnten und Tirol gab er seinem Sohne, dem
Markgrafen Ludwig von Brandenburg, zur Gemahlin. Diese war aber
bereits mit einem Sohne des Königs von Böhmen verheiratet. Der
Kaiser erklärte diese Ehe für ungültig. Durch einen solchen Übergriff in
das kirchliche Gebiet verfeindete er sich mit dem Papste, wie die Länder-
sucht ihm den Unwillen der Kurfürsten zuzog. Der Papst verhängte über
ihn den Kirchenbann, und die Kurfürsten erklärten ihn für abgesetzt und
wählten Karl, den Sohn des Königs von Böhmen, an seine Stelle.
Ludwigs plötzlicher Tod bewahrte Deutschland vor einem Bürgerkriege.
Im Dome zu München liegt er begraben.
Rückblick.
Die Kaiser von Rudolf von Habsburg bis auf Ludwig IV. waren
meist hervorragende Herrschernatureu. Ihre persönliche Tüchtigkeit, nicht
die Macht ihres Hauses brachte sie auf den Thron. Bei allen Wahlen
tritt das Bestreben der Kurfürsten deutlich zu Tage, die kaiserliche Macht
einzuschränken und sich selbst möglichst viele Vorteile zuzuwenden. Be-
gräflich finden wir demgegenüber das Bestreben der Kaiser, ihre ein-
flußreiche Stellung zu benutzen, um ihre Hausmacht zu vergrößern.
Sie wollten, gestützt auf einen ansehnlichen Länderbesitz, den Sonder-
beftrebungen der Kurfürsten gegenüber ihrem eigenen Willen Nachdruck
verleihen.
(j. Kaiser aus dem Hause Lähmen-Luxemburg.
Karl IT.
Karl IV. war der Sohn des Königs von Böhmen und der Enkel
des Kaisers Heinrich VII. Beim Antritt seiner Regierung stand er im
Alter von 31 Jahren. An wissenschaftlicher Ausbildung übertraf er die
Fürsten seiner Zeit. Er hat seine eigene Lebensbeschreibung in lateinischer