Full text: Die Neuzeit bis zum Tode Friedrichs des Großen (H. 3)

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II Das Zeitalter der Religionskämpfe. 
gründeten die meisten protestantischen Fürsten und Reichsstädte in dem hes- 
fischen Städtchen Schmalkalden ein Bündnis zum Schutze ihres Glaubens 
(1531). Weil aber der Kaiser ihre Hilfe gegen die Türken brauchte, zeigte er 
bttgtr^Reii- nachgiebig und schloß mit ihnen zu Nürnberg einen Religions- 
gion-ftiede'frieden (1532). Hiernach sollten die Reichsstände bis zu dem nächsten 
1632- Konzil miteinander Frieden halten und sich ihres Glaubens wegen nicht 
bedrängen. 
§ 21. Ausbreitung der neuen Lehre in und außer Deutschland. Un¬ 
gehindert breitete sich seitdem die Lehre Luthers weiter aus. Herzog Ulrich 
von Württemberg, Herzog Heinrich von Sachsen, Markgraf Joachim II. 
von Brandenburg und andere Fürsten und Städte führten sie ein, viel- 
fach nicht ohne Gewalt. Auch einzelne geistliche Fürsten wie der Cölner 
Erzbischof Hermann von Wied fielen von der katholischen Kirche ab. — 
Ein wüstes Wesen trieben die Wiedertäufer in der alten Bischofsstadt 
Münster. Hier gewannen einige ihrer „Propheten" aus den nahen Nieder- 
landen zahlreichen Anhang, vertrieben den Bischof und machten sich zu 
Herren der Stadt. Sie errichteten ein „Reich des neuen Zion" mit 
Gütergemeinschaft und Vielweiberei. An dessen Spitze stand als „König" 
der ehemalige Schneider Jan Bockelson, nach seiner Heimatstadt gewöhn- 
lich Jan von Leiden genannt. Er gebürdete sich wie ein morgenländi- 
scher Gewaltherrscher, verbreitete um sich Furcht und Schrecken und schwelgte 
in Prunk und Pracht. Aber der vertriebene Bischof brachte, von benach- 
barten Fürsten unterstützt, die hungernde Stadt wieder in seine Gewalt 
und führte sie zum alten Glanben zurück (1535). 
Auch in außerdeutsche Länder drang die Lehre Luthers ein. Vor 
allen nahmen die nordischen Reiche Schweden, Dänemark und Norwegen 
sie an und gründeten protestantische Staatskirchen. Eine eigene Kirche 
bildete auch England. Dort herrschte damals König Heinrich VIII. aus 
dem Hause Tudor. Er war anfangs ein entschiedener Gegner Luthers und 
schrieb sogar gegen dessen Lehre von den Sakramenten eine Schrift, wo- 
für ihm der Papst den Ehrentitel „Verteidiger des Glaubens" verlieh. 
Allein von leidenschaftlicher Liebe zu dem Hoffräulein Anna Boleyn er- 
griffen, verlangte er vom Papst, ihn von seiner rechtmäßigen Gemahlin 
Katharina von Aragonien, einer Tante Karls V., zu scheiden. Als der 
Papst auf dieses Verlangen nicht einging, riß der herrische König sein 
Land von Rom los; er ließ sich vom Parlament zum Oberhaupt der eng- 
tischen Kirche ernennen, hob die Klöster auf und zog das Kirchengut ein, 
änderte aber nichts an der katholischen Lehre und Kirchenordnung. Wer 
ein Kirchen- oder Staatsamt bekleiden wollte, mußte durch den Supremats- 
eid seine Kirchenhoheit anerkennen. Grausame Strafe traf alle, die sich 
seinem Eigenwillen nicht fügten; viele büßten ihre Glaubenstreue auf dem 
Blutgerüst, wie Thomas Morus, der gelehrte und willensstarke Lord- 
kanzler des Reiches. Von den sechs Frauen, die der König nacheinander 
heiratete, überantwortete er zwei, darunter Anna Boleyn, dem Beile des 
Henkers.
	        
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