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der Kirchenämter vermehrt, sondern die Geistlichen widmeten sich auch aus-
schließlich ihrem kirchlichen Amte.
2. Für den öffentlichen Gottesdienst wurde schon im ersten
Jahrhundert der Sonntag bestimmt als der Tag des Herrn. Die
Feier bestand in Gesang, Vorlesen aus der Schrift, Predigt und Gebet.
Das Abendmahl, welches häufig gefeiert wurde, war Anfangs nicht mit
dem Gottesdienst verbunden, sondern s<hloß sich an das Liebesmahl (Agape)
an; dies war die gemeinsame Mahlzeit der Christen, wobei der Reiche
vom Brot des Armen, der Arme von der Speise des Reichen genoß.
Mit dem Wachsthum der Gemeinden mußte dieser Gebrauch sich ändern,
und das Abendmahl wurde nun mit dem Gottesdienst verbunden. Die
Taufe, welcher ein Unterricht in der christlichen Lehre vorausging, wurde
ursprünglich durch Untertauchen vollzogen; die Täuflinge erschienen in
weißen Kleidern. Allgemeine Feste waren-Ostern und Pfingsten;
jenes wurde nach längerem Streit am ersten Sonntag nach dem ersten Früh-
lmgsvollmoud gefeiert. Diese Feste waren auch die beliebtesten Tanfzeiten.
3. Das Leben der Christen bildete einen völligen Gegensatz zu dem
Leben der Heiden. In ihren Häusern wohnten Frömmigkeit, Liebe und
milde Sitten, die Frau war nicht mehr die Maad, sondern die Gefährtin
des Mannes. Die Kinder wurden als ein Geschenk des Herrn in der
Zucht des Herrn erzogen, die Sklaven menscklich behandelt. Die Gemeinde
erschien als eine große Familie, in welcher die Bruderliebe auf alle Weise
sich thätig erwies, besonders gegen Kranke, Verlassene und Fremde. Gchou
um den Heiden keinen Anstoß zu geben, mußten sie sich vor jedem Ärger-
uiß in Lehre und Wandel zu bewahren suchen. Die Kirchenzucht war
strenge und ging bis zur Ausschließung von der Kirchenge-
meinschaft (Cxkommuuikatiou). Geringere Vergehen wurden durch
Ausschließung vom Abendmahl bestraft, grobe Sünder aus der Gemeinde
ausgestoßen. Zeigten diese Reue, so wuroen sie nach strenger Kirchenbuße
wieder aufgenommen. Sie mußten in Trauerkleidern an den Kirchen um
Aufnahme bitten, durften dann einem Theil des Gottesdienstes beiwohnen
und mußten zuletzt ein öffentliches Sündenbekenntniß ablegen.
4. Die Kirchenlehre entwickelte sich allmählich immer be-
stimmtet gegenüber den verschiedenen Irrlehren,' z. V. der
Judenchristen. Die Quelle der christlichen Lehre waren die Schriften
des neuen Testaments, welche schon im Laufe des zweiten Jahrhunderts
gesammelt waren. Als nun die verschiedenartigsten Personen sich zum
Evangelium bekannten, konnte eine verschiedene Auffassung nicht ausbleiben,
und darum war auch eine genauere Bestimmung der einzelnen Lehren
nothwendig. Und wie schon oie Apostel mit Jrrlehrern zu kämpfen hatten,
so blieb auch später das Evangelium nicht frei von Verfälschungen. Die
Judenchristen behaupteten noch immer, daß das mosaische Gesetz für Christen
Gültigkeit habe.
§. 26. Der Sieg des Lhristenthums im römischen Reiche.
1. Konstantin d. Gr besiegte nach und nach alle seine
Mitkaiser, wurde Alleinherrscher und erhob Konstantinopel
(Byzauz) zur HauNtstadr. Er war der erste christliche Kaiser
und machte das Christenthum zur herrschenden oder Staats-
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