Full text: (Lehraufgabe der Obertertia): Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen (Teil 2 = 4a [des Gesamtw.])

Joachim I. 
23 
und Kammergericht (1516), das nach dem Muster des Reichs- 
kammergerichts als oberster Gerichtshof in den Marken dienen und 
in allen Fällen, wo das bisherige Landesrecht nicht ausreichte, das 
römische Recht zur Anwendung bringen sollte. 
[D e r A d e I.] Dem Raubwesen des Adels konnte Joachim 
nur mit der äußersten Strenge beikommen; Bürger und Bauern 
klagten damals: „Vor Köckeritz und Lüderitz, vor Krachten und vor 
Jtzenplitz behüt' uns, lieber Herre Gott!" und der Kurfürst selbst 
fand einst an der Tür seines Schlafgemachs die Drohworte: 
„Jochimke, Jochimke höde dy, fange wy dy, do hange wy dy!" In 
einem Jahre ließ er gegen 70 Räuber, darunter viele vom Adel, 
ergreifen und hängen. 
[Gegner der Reformation.] Joachim I. war ein ent¬ 
schiedener Gegner der Reformation, während viele seiner 
Untertanen der neuen Lehre zuneigten, ebenso seine eigene Ge- 
mahlin Elisabeth, eine Nichte Friedrichs des Weisen von Kur- 
sachsen, die sogar vor seinem Zorne in die Heimat flüchtete. Er 
glaubte, eine Reform der Kirche dürfe allein von dem Papste und 
dem Kaiser ausgehen und die lutherische Lehre werde einen all- 
gemeinen Umsturz der Verhältnisse nach sich ziehen. Dazu kam, daß 
sein Bruder, Erzbischos Albrecht von Mainz, den päpstlichen 
Ablaß für Norddeutschland übernommen hatte und ebenfalls dem 
alten Glauben treu blieb. Dagegen trat der damalige Hochmeister 
des Deutschen Ordens, Albrecht von Brandenburg, ein 
Enkel Albrecht Achills, 1525 zur evangelischen Kirche über und 
verwandelte auf den Rat Luthers seinen geistlichen Staat Ost- 
Preußen in ein weltliches Herzogtum (vgl. § 17). 
sGrimnitzer Erbvertrag mit Pommern 1529.] 
Für einen spätern sehr beträchtlichen Länderzuwachs sorgte 
Joachim I. dadurch, daß er mit den H erzögen von Pommern 
1529 den Erbvertrag zu Grimnitz (in der Uckermark) ab- 
schloß, wonach der Kurfürst zwar auf die bisher beanspruchte Lehns- 
hoheit über Pommern (§ 4) verzichtete, aber das Recht der Erbfolge 
in diesem ganzen Lande für sich und seine Nachfolger erhielt1). 
x) Die Landschaft Pommern (slaw. po nxore — am Meere gelegen) — 
von der Weichsel- bis zur Odermündung, später über die Oder hinausreichend 
— wurde ursprünglich von Deutschen, nach der Völkerwanderung von 
Slawen bewohnt und von slawischen Fürsten beherrscht. Seit der Einführung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.