Full text: (Pensum der Obertertia): Die brandenburgisch-preußische Geschichte, seit 1648 im Zusammenhange mit der deutschen Geschichte (Teil 2 = [4 des Gesamtw.])

Friedrich Wilhelm der grvße Kursürst. 31 
Lehen ein. Es konnte nicht genügen, wenn Leopold I. 1686 als Ent¬ 
schädigung für die schleichen Länder den ärmlichen Kreis Sch wiebus 
und die Anwartschaft aus Ostsriesland an Brandenburg abtrat und 
zwar auch nur unter der Bedingung, daß der Kurfürst mit Osterreich 
ein enges Bündnis schloß und in dem bevorstehenden Kriege gegen 
die Türken Truppen stellte. Bei der Erstürmung von Osen wirkten 
noch in demselben Jahre 8000 Brandenburger unter dem General 
Hans Adam von Schöning mit. — Aber selbst jener geringe Ersatz 
sollte nicht wirklich geleistet werden; denn der Kurprinz Friedrich, 
durch eine österreichisch gesinnte Partei am Hose getäuscht, ließ sich 
zu dem geheimen Versprechen herbei, den Schwiebuser Kreis bei 
seiner Thronbesteigung an den Kaiser wieder abzutreten. Die Ab- 
tretung erfolgte in der That 1694; um so mehr erwachten aber damit 
wieder die Ansprüche auf die genannten Teile Schlesiens. 
b) Regierung im Innern. 
Absolutes Regiment. [Jtt Preußen: Hieronymus Rhode; § 22. 
Oberst von Kalksteins Wie alle Fürsten jener Zeit faßte auch 
Friedrich Wilhelm die Souveränetät als absolute Herrscher- 
geweilt aus und suchte dieselbe mit aller Entschiedenheit in seinen 
Landen zur Geltung zu bringen. Das gelang ihm aber im Herzog- 
tum Preußen erst nach harten Kämpfen. Hier besaßen nämlich die 
Stände große Freiheiten, die sie sich nicht rauben lassen wollten; die 
Städte setzten dem Kurfürsten unter Führung des Schöppenmeisters 
von Königsberg. Hieronymus Rhode, der Adel unter 5er Leitung 
des Obersten von Kalkstein Widerstand entgegen; sie wollten die 
freilich große Steuerlast nicht tragen und von ihrem früheren Sou¬ 
verän, der Krone Polen, nicht getrennt werden. Es entbrannte ein 
Jahre langer heftiger Streit. Erst als sich Friedrich Wilhelm des 
Schöppenmeisters*) bemächtigt hatte, wurde die Stimmung im Lande 
eine ruhigere, und 1663 erfolgte die feierliche Huldigung der 
Stände. Nur Kalkstein verweigerte den Huldigungseid und setzte 
den Widerstand fort, wurde aber schließlich in Warschau gefangen 
genommen, nach Memel geschafft und dort wegen Hochverrats hin- 
gerichtet (1672). Seitdem ergab man sich in Preußen dem Willen 
des Fürsten, wenn auch niemals mit Freudigkeit. 
[Jtt der Mark: Die Acctse.] Ebenso zeigte der Kurfürst in 
der Mark seinen starken Herrscherwillen; auch hier regte sich die 
') = Schöffenmeister, d. i. der Vorsitzende des Schöffenstuhls.
	        
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