Friedrich Wilhelm II. 65
Straßen und der Tiergarten verschönerten die Stadt. Bei Potsdam
erbaute Friedrich sein Lieblingsschloß Sanssouci und das prächtige
Neue Palais. Dort vorzugsweise lag der König den Wissen-
schaften und der französischen Litteratur ob in Gesellschaft
geistreicher Franzosen, unter denen Voltaire der hervorragendste
war. Von der deutschen Litteratur wollte er nichts wissen; sie stand
in der That noch auf einem sehr niedrigen Standpunkte, und als sie
durch Klopstock, Lessing (geb. 1729), Goethe (geb. 1749),
Schiller (geb. 1759) einen hohen Ausschwung nahm, war er schon zu
alt geworden, um sie würdigen zu können. Und doch sagte Goethe:
„Der erste wahre und höhere eigentliche Lebensgehalt kam durch Fried-
rich den Großen und die Thaten des siebenjährigen Krieges in die
deutsche Poesie".
Kirche und Schule. Ausgehend von dem alten Grundsatze der
preußischen Fürsten bewies sich auch Friedrich gegen alle Religionen
gleich duldsam^).' Aber er gewährte der Kirche keinen politischen
Einfluß, selbst auf die Schule nicht, welche er als Staatsanstalt
betrachtete. Für Volksbildung geschah übrigens, da die Mittel
nicht hinreichten, nicht viel.
Familie. Das Leben bei Hose war einfach und sparsam, eben-
so die Kleidung des Königs. Durch die großen Anstrengungen des
Geistes und Körpers früh gealtert, erreichte Friedrich der Große doch
ein Alter von 74 Jahren; er starb am 17. August 1786 zu Sans¬
souci. Von seiner Gemahlin Elisabeth Christine von Braun-
schweig-Bevern, die er zwar hoch achtete, aber nicht liebte, hatte
er meist getrennt gelebt. Die Ehe blieb kinderlos, daher wurde sein
Neffe Friedrich Wilhelm II., Sohn seines Bruders August Wilhelm»
der frühe starb, der Nachfolger.
7. Friedrich Wilhelm IL 1786-1797.
(Kaiser: Josef II. 1765—1790. Leopold II., sein Bruder, 1790—1792.
Franz II. 1792—1806.)
Friedrich Wilhelm II. (geb. 1744) erschien den meisten anfangs § 45.
als ein Erlöser von dem harten Regiments seines Oheims. Die
drückende Regie, das Tabaks- und Kasfeemonopol wurden ab-
l) Der König verfügte am 22. Juni 1740: „Die Religionen müssen alle
tolerieret werden, und muß der Fiskal (Vertreter der Staatskasse) nur das Auge
darauf haben, daß keine der anderen Abbruch thue, denn hier muß ein jeder nach
seiner Fa^on selig werden."
Jaenicke, Deutsche it. brandenburg.-preuß. Geschichte. II. 5