Kap. 148. Karl II. von Spanien.
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halten durfte, aber nicht nur alles in diesem Kriege Eroberte, sondern auch
noch Vieles von dem früher mit Unrecht Gewonnenen herausgeben mußte.
Darunter befand sich Lothringen, Zweibrücken, Mömpelgard, Freiburg,
Breis ach und Kehl. Eine Clause! bestimmte jedoch, daß in diesen Gebieten die
katholische Religion an den Orten, wo Ludwig sie unterdeß mit Gewalt hatte einführen
lwsen, neben der protestantischen fortbestehen mußte.
4. Die Zeit d es politischen Gleichgewichts.
(Umritzll. 71—73.)
Kap. 148. Habsburgs Minderung durch den Verlust Spaniens.
(1.) Obwohl mit dem Ryswiker Frieden der Rückgang ber französi¬
schen Macht von ihrer Höhe begann, indem die vielen bisher geführten
Kriege und der fortgesetzte Hofaufwand an den Kräften des Landes zehrte,
so war doch der König in seinem Ehrgeiz, als der Größte unter den Großen
zu erscheinen, stets bereit, jede neue Gelegenheit zur Machtvergrößerung zu
ergreifen. Eine folche zeigte sich ihm für sein Haus in der Aussicht auf die
Erbfolge in Spanien, wo der kinderlose, kranke König Karl II. seinem
Ende entgegen gieng.
Aus dieses Erbe machte Anspruch! 1. Lu.dwig XIY. als Gemahl der altern Schwester
Karl's II. für seinen zweiten Enkel Philipp von Anjou, obgleich er bei seiner
Vermählung auf die Erbschaft verzichtet hatte; 2. Kaiser Leopold I. als Gemahl der
jüngern Schwester Karl's II. für sich und nachher für seinen zweiten Sohn, den Erz-
herzog Karl; — 3. der Kurfürst Max Emmanuel von Bayern für seinen
Sohn, den Kurprinzen Jofeph Ferdinand, als directen Nachkommen jener jüngern
Schwester. Diesen letztern, noch ein Kind, setzte König Karl II. zu seinem Erben ein;
allein der Erbe starb noch vor dem Erblasser. Daher die Wahl nur noch zwischen
Frankreich und Oesterreich schwebte.
Karl II., durch eine französische und eine österreichische Partei an seinem
Hofe hin- und hergezogen, schwankte lange in der Wahl seines Thronsolgers,
bis er erklärte, den Thron in dem Falle, daß Ludwig XIV. ihn für
seinen Enkel nicht annehmen wolle, dem Erzherzog Karl zusprechen
zu wollen.
Ob nun gleich Ludwig XIV. einen Kampf mit vielen europäischen Mächten
voraussah, so ncihm er doch das Anerbieten an, und als Karl II. starb,
proclamirte er sogleich seinen Enkel als Philipp V. von Spanien und
schickte ihn mit einem Heere über die Pyrenäen, während er zugleich die
niederländische Grenze und die Lombardei besetzen ließ. Dadurch ver-
anlaßte er den spanischen Crbsolgekrieg (1701 — 1714). Denn nun schloß
der Kaiser mit England, Holland, Preußen und Hannover die
große Allianz, welcher später auch das deutsche Reich, Savoyen
und Portugal beitraten. Auf Frankreichs Seite traten der Kurfürst
Max Emmanuel von Bayern und sein Bruder der Kurfürst Joseph
Clemens von Eöln.
Max Emmanuel war Statthalter in der spanischen Niederlanden und erhielt für
diese Hülse von Ludwig das Versprechen des erblichen Besitzes der Niederlande.
(2.) Den Kampf eröffnete der Kaiser Leopold in Italien durch
seinen tapfern Feldherrn, den Prinzen Eugen, der die Franzosen durch zwei
Siege aus einem Theil der Lombardei zurückdrängte, den sie aber bald