Kap. 70. Alleinherrschaft des Cäsar Octavianus Augustus. Culturzustand Roms. 75
Antonius floh mit Kleopatra nach Aegypten und entleibte sich daselbst, O c-
tavian aber zog durch Griechenland nach Syrien, um von da aus Aegypten zu unter-
werfen. Daher unterhandelte Kleopatra insgeheim mit dem Sieger. Als sie aber
kein Gehör fand, tödtete sie sich mit Gift. Aegypten aber wurde eine römische Provinz,
welche Octavian, wegen ihrer für Handel und Krieg so wichtigen Lage, unter seine be-
sondere Verwaltung stellte. Nach Rom zurückgekehrt, hielt er einen dreifachen Triumph
und gieng dann an die Einrichtung des Reichs.
4. Rom eine Monarchie.
(Umriß I. 77-78.)
Kap. 76. Der Principat des Augustus.
Von nun an beherrschte Cäsar ©doumtms, mit dem Beinamen Augustus,
das-ganze römische Reich als eine Monarchie unter republikanischen
Formen, indem er sich v,om Senat und Volk allmählich alle Gewalten über-
tragen, sie aber von Zeit zu Zeit erneuern ließ und so unter dem Titel
Princeps, auch Imperator, die unumschränkte höchste Macht besaß.
Als Jmperat or hatte der Cäsar (Kaiser) den Heerbefehl (mit dem Recht der
Aushebung), das Recht der Besteuerung, das Recht über Krieg und Frieden, über Leben
und Tod. Als Princeps besaß er die Censoren- und Tribunengewalt, sowie die
Oberpriesterwürde. Den Senat beschränkte er auf 600 Mitglieder. Die Gesetzan¬
träge, die an den Senat giengen, berieth der Kaiser zuvor mit dem Consistorium
principis oder Staatsrath, der aus 15 halbjährlich aus dem Senat gewählten Gliedern
bestand. Die Volksversammlung wurde nur bei Beamtenwahlen und bloß der
Form wegen berufen.
Zur Erhaltung des römischen Weltreichs, das sich vom atlantischen Ocean bis
zum Euphrat, vom Rhein und dem schwarzen Meer bis an die Wüsten Afrika's und
Arabiens ausdehnte, und eine Bevölkerung von etwa 120 Millionen Menschen der ver-
schiedmsten Nationalität umfaßte, boten Augustus und seine Nachfolger alle Gewalt auf.
Ueber die 25 Provinzen des Reiches hatte Augustus das imperium proconsulare
auf Lebenszeit; doch theilte er sich in die Verwaltung derselben mit dem Senat in der
Weise, daß er die noch nicht beruhigten oder mit Einfällen der Nachbarn bedrohten
Provinzen, in welchen deßhalb eine Militärgewalt nöthig war (wie Spanien mit Lusi-
tanien, Gallien, die Donauländer, Aegypten, Syrien :c.) sich selbst vorbehielt, die andern
aber als senatorische Provinzen von jährlich wechselnden Proconsuln ohne Militärge-
walt verwalten ließ. — Das von Augustus neu geregelte Heerwesen bildete die
Hauptstütze der römischen Monarchen. —
Rom, das sich, seitdem die Kriege in auswärtigen Ländern geführt wurden, immer
mehr erweitert, und durch die Luxusbauten der Nobilität verschönert hatte, theilte Au-
gustus in 14 Regionen, um die Weltstadt, deren Einwohnerzahl sich auf etwa 1,300,000
Seelen belief, besser unter polizeilicher Aufsicht halten zu können. Die Sorge
für die Unterhaltung der schaulustigen Menge veranlaßte den Bau prächtiger Theater,
Amphitheater, Circusen :c. L°i andern großartigen Bauwerken, die er, meist von Mar¬
mor, aufführen ließ (Pantheon, Mausoleum), hatte er nur die Verschönerung der Stadt
im Auge, ohne daß deßhalb der Römer einen Abgabendruck gefühlt hätte.
So ließ sich denn sowohl das Volk, das zufrieden war, wenn es nur Brod und
Spiele hatte, als auch die Vornehmen, die sich nach Ordnung und Ruhe sehnten,
des Augustus Regierung gern gefallen, zumal derselbe seine Macht mit der größten
Milde und weisesten Mäßigung gebrauchte und in Italien sowohl, wie in den Provin-
zen äußere Ordnung und Sicherheit, und durch Belebung des Handels und Verkehrs
einen allgemeinen Wohlstand schuf.
_ Während aber die unbemittelte Masse des Volkes ihren Unterhalt hauptsächlich durch
die Gnade des Kaisers bezog, verpraßten die Begüterten ihre enormen Reichthümer in
den üppigsten, Geist und Leib verzehrenden Schwelgereien, bei welchen stets das Aus-
ländische und Seltene den Vorzug erhielt. Dieselbe Sucht nach Fremdem zeigte sich auch
in Bildung und Sitte. Dadurch wurde, was vom alt-römischen Original-Charakter