Kap. 26. § 104. Die hohenstaufischen Kaiser. Heinrich VI. 91
Otto von WMelsbach hatte auf dem ersten italienischen Zuge die Mark Verona
erobert und auf der Rückkehr von diesem Zuge mit aufopfernder Treue und Tapfer^
feit bei der Veroneser Clause, einem Engpasse des Etschthals, das kaiserliche Heer
durch die Einnahme einer den Paß beherrschenden, von Veronesischen Wegelagerern be¬
setzten Felsenburg gerettet, desgleichen bei dem zweiten Zug nach Italien die Eroberung
von Crema vorzüglich durch seine Tapferkeit herbeigeführt.
Der alte Löwe wehrte sich zwar eine Zeit lang, unterwarf sich aber
doch zuletzt, als der Kaiser selbst gegen ihn auszog, in Erfurt und erhielt
nach der Aufhebung der Acht wenigstens seine Erblande Braunschweig
und Lüneburg wieder (1181), mußte aber auf drei Jahre Deutschland
verlassen.
Er ging nach England zu seinem Schwiegervater, dem König Heinrich II. _ Dort
wurde ihm sein dritter Sohn Wilhelm geboren, welcher der Stammvater des jetzigen
englischen Königshauses wurde. — Andere Landesteile seines bisherigen Besitzes wurden
anderen benachbarten Fürsten zugeteilt, auch eine große Anzahl fürstlicher und bischöf¬
licher Städte zu Reichsstädten gemacht. Zwei Erzbistümer (Bremen und Magdeburg)
und neun Bistümer wurden für reichsfrei erklärt.
Im Jahre 1183 ging der Waffenstillstand mit den Lombarden in den
Frieden von Konstanz über, in welchem Friedrich ihnen viele ihrer
alten Rechte wieder zugestand. Daher fand er auf seinem sechsten Zuge
nach Italien bei den Mailändern die freudigste und glänzendste Aufnahme
und feierte in ihrer Stadt 1186 die Vermählung seines Sohnes Heinrich
mit Constanzia, der Erbin ihres kinderlosen Neffen Wilhelm II von
Neapel und Sicilien, indem der Kaiser durch diese Verbindung die Macht
seines Hauses in Italien zu vergrößern gedachte.
Nachdem er Noch seine Söhne mit Schwaben, mit Burgund und mit
den fränkischen und wölfischen Gütern belehnt und einen allgemeinen
Reichsfrieden zur Steuerung des Faustrechts zu stände gebracht hatte,
krönte der 67jährige, allgemein verehrte Held auf die Kunde von Jeru¬
salems Fall noch sein thatenreiches Leben mit einem Kreuzzug, auf welchem
er aber zum Leid für die ganze Christenheit bei Seleucia in Kleinasien
beim Übergang über den Fluß Selef (Kalycadnus) 1190 seinen Tod fand.
In Deutschland wollte man seinen Tod nicht glauben und Jahrhunderte hin¬
durch trug man sich mit der Sage von seinem Wiederkommen zur Aufrichtung der
alten Herrlichkeit des deutschen Reichs. (Von seinem Kreuzzug und Tod, s. § 97.
(105.) Sein schon längst vorher gewählter und gekrönter Sohn Hein¬
rich VI hatte noch als Reichsverweser es mit Heinrich dem Löwen 1190
zu thun, der nach dem Abzüge Friedrich Barbarossas ins Morgenland b'S
von England in seine Stammlande zurückgekehrt war, um sie gegen die
Einfälle seiner alten Feinde zu schützen. Doch kam es bald zu einem Ver¬
gleich. Auf die eingegangene Kunde vom Tode seines Vaters ordnete
Heinrich VI die deutschen Angelegenheiten und verwandte alsdann seine
ganze Kraft auf die Besitznahme der Erblande seiner Gemahlin. In
Italien angekommen, nötigte er zu Rom den Papst Cölestin ihn zu
krönen, und drang bis vor Neapel. Da ergriff eine Seuche sein Heer
und zwang ihn zur Rückkehr nach Deutschland, wo er einen neuen Zug,
vorbereitete.
Vor feinem Abzug von Unteritalien hatte er seine Gemahlin Constanzia dem
Schutze der Stadt Salerno anvertraut. Die Salernitaner lieferten sie aber dem
Grafen Tancred aus, einem unechten Verwandten Constanzias, den die Sicilianer
gleich nach dem Aussterben des normannischen Mannsstammes zu ihrem Könige ge¬
macht hatten (s. die Stammtafel der normannischen Fürsten im Anhang). Dieser hielt