Object: Deutsche Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters (Bd. 1)

a. Die Zeit bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. — 7. Wenzel 1378—1400. 101 
dasjenige fest, was seit der Zeit des Interregnums für die Wahl des 
deutschen Königs durch Brauch und Beschlüsse Rechtens geworden war. 
Zunächst wurden jetzt die Kurstimmen auf gewisse Gebiete endgültig 
verteilt: Mainz, Trier, Köln; Böhmen, Pfalz, Sachsen- 
Wittenberg, Brandenburg. Diese Gebiete sollten unteilbar 
immer auf den Ersten des Geschlechtes forterben, die Wahl selbst sollte 
durch Stimmenmehrheit entschieden werden. Nach dem Tode eines 
Königs sollte der Kurfürst von Mainz als Erzkanzler binnen einem 
Monate die Wahlfürsten zur Wahl nach Frankfurt a/M. berufen; die 
Krönung sollte in Aachen stattfinden. — Die in dieser Weise über die 
andern Fürsten erhobenen „Kurfürsten" wurden auch sonst durch 
mancherlei Rechte wie das Bergregal, fast völlig selbständige Gerichts- 
barkeit n. ct. ausgezeichnet. Des Papsttums geschah in der Bulle 
keinerlei Erwähnung. 
3. Die Zustände im Reiche. Die Zustände im Reiche waren 
während der Regieruugszeit Karls IV. in arger Verwirrung. Die 
Fürsten suchten ihre Macht mehr und mehr auf Kosten der von ihrem 
Gebiete umschlossenen Reichsstädte sowie des Reichsadels zu vermehren, 
und so entstanden Sonderbünde der bedrohten Stände und Kämpfe. 
Heuschreckenschwärme verursachten Mißernten, die Alpenländer wurden 
von Erdbeben heimgesucht, vor allem ging damals durch Europa eine 
pestartige Seuche „der schwarze Tod", die auch in Deutschland viele 
Tausende von Opfern forderte. Es griff bei der ungebildeten Masse 
der Wahn um sich, die Juden seien durch Vergiftung der Brunnen 
die Ursache der Krankheit, und so verfolgte mau sie mit unmenschlicher 
Grausamkeit. Andere erblickten in dem schwarzen Tode die Zornes- 
äußerung des Himmels, sie taten sich zu Gesellschaften zusammen, 
durchzogen in Bußgewändern die Länder und geißelten sich (Flagellanten). 
7. Wenzel 1378—1400. 
1. Ritter- und Städtebünde. Wenzel, Karls IV. Sohn, war 
schon bei Lebzeiten seines Vaters zu dessen Nachfolger gewählt, und 
er erlangte auf die Vorgänge im Reiche noch weniger Einfluß als 
dieser. Der Gegensatz zwischen dem Adel und den Städten steigerte 
sich mehr und mehr. Wo eine Verkehrsstraße an der Burg eines 
ritterlichen Grundherrn vorbeiführte, da glaubte dieser ein Recht zu 
haben, von den beförderten Waren einen Zoll zu erheben oder den 
Kaufmannszug mit seinen Knechten zu geleiten, wofür natürlich eine 
Abgabe erhoben wurde (Zoll- und Geleitsrecht). Im Weigerungsfalle 
kam es zu Überfall und Plünderung. Der Adel fühlte sich hierzu 
veranlaßt und in seinem Sinne berechtigt, da im Laufe der letzten 
zwei Jahrhunderte ein Umschwung in den Erwerbsverhältnissen sich 
mehr und mehr vollzogen hatte. Gewerbe und Handel hatten Geld
	        
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