Kap. 58. § 218. Die Armada. 203
wobei dieser einen Teil der vor Cadix befindlichen Schiffe durch Brand
zerstörte. Daher beeilte nun Philipp die Abfahrt der Armada, welche
unter dem Herzog von Medina-Sidonia im Mai 1588 von Lissabon
auslief, um in Verbindung mit der niederländischen Flotte England zu
erobern und dort aller Ketzerei ein Ende zu machen. Zugleich erneuerte
der Papst den Bannfluch über die königliche Ketzerin.
Elisabets Geist und entschlossener Mut hatte indes ihr Volk für die
Erhaltung der Freiheit und des Glaubens zu den höchsten Anstrengungen
zu begeistern gewußt und in kurzem waren die Küsten durch ein Landheer
von 74,000 Mann an drei Stellen verwahrt und eine von bewährten See¬
helden geführte Flotte von 200 Schiffen mit 15,700 Matrosen in Bereit¬
schaft zum Kampf. Elisabet selbst im Prachtharnisch zu Roß entflammte
das sie bei Tilbury umgebende Heer mit einer Rede zur Begeisterung, und
mit Eifer stimmten alle in den angestimmten Gebeispsalm ein. Die Ge¬
fahr schien groß: doch siehe! Seestürme gleich im Anfang, dann geschickte
Angriffe der Engländer, und zuletzt wieder furchtbare Stürme auf dem
Rückzüge machten die stolze Unternehmung zu nichte.
Die Armada war gleich nach ihrem Auslaufen von einem Sturm beschädigt und
in Coruna zurückgehalten worden, so daß sie erst am 19. Juli den Kanal passierte.
Auch war in den Niederlanden der Herzog von Parma mit den versprochenen
Rüstungen nicht zu rechter Zeit zu stände gekommen und nachher von den Holländern
am Auslaufen verhindert worden. Daher hielt sich die Armada möglichst beisammen,
wurde aber durch erfolgreiche Angriffe der Engländer in wenigen Tagen so zugerichtet,
daß sie bei Calais Schutz suchte; doch Howards Brander und widrige Winde und
Fluten jagten sie auseinander, so daß sie, nachdem sie sich wieder gesammelt, es nicht
wagte durch den Kanal zurückzukehren, sondern ihren Rückweg um Schottland herum
nahm. Allein furchtbare Stürme bei den Orkneyinseln zerstreuten sie nach fernen
Länderküsten und nur wenige Schiffe kamen unbeschädigt nach Spanien zurück. — Eine
holländische Denkmünze mit der Umschrift: Afflavit Deus et dissipati sunt! erkannte
darin ein Gottesgericht.
Dieser Schlag setzte dem Anwachsen der spanischen Weltmacht eäne
Grenze; Jubel erfüllte ganz England und Elisabet zog im Triumph in
London ein. Frei atmeten die Protestanten aller Länder wieder auf, und
selbst katholische Mächte, welche spanischen Einfluß übel empfunden hatten,
freuten sich über Spaniens Fall.
(219.) England hatte dagegen der umsichtigen und kräftigen Regierung
Elisabets den hohen Aufschwang zu danken, den es seitdem als See-
und Handelsmacht nahm. Schon hatten die Engländer unter dieser
Königin durch Walter Raleigh (§ 251) in Nordamerika Fuß gefaßt,
wo sie Virginien („Jungfrauenland") erwarben, und nun fanden sie den
Seeweg nach Archangel, segelten geradezu nach Ostindien und stifteten
die englisch-ostindische Handelskompagnie, durch welche England in 1600
der Folge zu seinen ungeheuren Besitzungen in Ostindien gelangte (§ 327
bis 329). Auch Irland, bis dahin nur dem Namen nach zu England
gehörig, wurde in der letzten Regierungszeit Elisabets näher mit der eng¬
lischen Krone verbunden, wiewohl bei dem rohen Zustand der Einwohner
und ihrem Hange zur Unthätigkeit von Industrie und Bildung daselbst noch
wenig zu finden war.
Unter Elisabets Regierung, bei welcher sie besonders im Anfang von
staatsklugen Männern, wie namentlich von dem Großkanzler Nikolaus