Object: Von Armin bis zu Otto dem Großen (Teil 2)

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wo größere Wälder ober Bergrücken eine scharfe Grenzlinie bildeten. *) 
Karl aber durfte bas fortwährenbe Morben, Rauben, Branbstiften an 
der Grenze seines Reichs nicht leiben: er mußte bafür sorgen, baß Friede 
herrsche, benn er war Kaiser; unb um ben Frieben herbeizuführen, durfte 
er auch einen Krieg nicht scheuen. 
„Was mußte Karl thun, um auf die Dauer sichere Zustände zu 
schaffen? — Um dauernden Frieden, stete Einigkeit herzustellen, mußte 
Karl die Sachsen unterwerfen; denn solange das nicht geschah, standen 
die Franken und Sachsen sich als feindliche Nachbarn gegenüber. Die 
Kriege hörten erst aus, wenn beide Glieder eines Reiches wurden. 
Da bie Sachsen Heiben waren, befanb sich Karl auch in Besorgnis 
um bie Religion seiner Franken. — Es konnte geschehen, baß biese/ bie 
wohl ebensowenig wie bie Deutschen zur Zeit Ottos vollkommene Christen 
waren, zum Heibentum herübergezogen würben, wenigstens in ben 
Grenzlänbern. Und bei den Sachsen bestanden noch viele heidnische 
Laster: Trunksucht (Gelage), Spielsucht (um Waffen 2c., um Frau und 
Kind, um die eigene Freiheit), ein Mord wurde nicht hoch angeschlagen, 
sogar noch Menschenopfer (wie bei den Slaven) unb selbst Genuß von 
Menschenfleisch**). Die Missionsprebiger, bie Karl schickte, morbeten 
sie; so blieb ihm nichts übrig als Gewalt. Zuletzt allerbings — 
besonbers nachbem ihr Führer Wibukinb (wie der Name eigentlich 
lautet) sich hatte taufen lassen — erkannten bie Sachsen, wie wertvoll 
bie christliche Religion sei unb blieben ihr nun auch treu. — Die Sage 
„Widukinds Taufe" erlaubt einen Blick in bas Seelenleben Wibukinbs. 
Er hatte feine Schwäche Karl gegenüber erkannt, ebenso bie Ohnmacht 
feiner Götter bem Cyristengott gegenüber. Die christliche Religion, als 
die siegreiche muß auch die bessere sein. Diese Gedanken gewinnen in 
ihm, wenn auch nur allmählich die Oberhand, und sie veranlassen ihn, 
lieh Karl zu unterwerfen und Christ zu werden. Und wie dem Widnkind 
erging es bem ganzen Volke ber Sachsen. Die sagenhafte Ausschmückung 
aber ist leicht zu erkennen. 
Zusammenfassung. 
Warum nur die Sachsen sich immer tvieber empörten? — Aus 
Liebe zu ihrer heidnischen Religion und deren Gebräuchen; weil sie 
glaubten, ihre Götter (die sie nicht in Tempeln, sondern in Hainen 
anbeteten; Bäume: Jrminsul***) würden ihnen zum Sieg verhelfen, 
und wirklich siegten sie auch manchmal (das Wahre aus der Sage von 
Frankfurt); weil sie ihr Vaterland und ihre Freiheit über alles liebten 
unb glaubten, sie würben Sklaven, wenn sie zu einem großen Reiche 
kämen. Auch wollten sie keine Steuern, keine „Zehnten" bezahlen. 
Die Sachsen wollten nicht einmal einem König gehorchen (aber 
*) Vgl. Einhard, Kaiser Karls Leben. 
**) Vgl. Ranke, S. 149. 
***) Ranke, S. 116: „Die Sachsen verehrten die allgemeine Naturgewalt, 
welche alles trägt, als ein göttliches Wesen bei der Jrminsnl in dem für heilig er¬ 
achteten Osninggebirge".
	        
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