Contents: Die Ausgestaltung der europäischen Kultur und deren Verbreitung über den Erdball (Hauptteil 3)

84 Die Gewaltherrschaft Napoleons und ihr Zusammenbruch. 
Me Franzosen sollten ihre Kräfte in den Dienst des Vaterlandes stellen; als 
Sporn hiezu stiftete Napoleon für kriegerische und staatsbürgerliche Verdienste 
1802 den Orden der Ehrenlegion, wozu dann in der Kaiserzeit die Schaffung eines 
neuen Verdienstadels kam. 
So war die Mehrheit der Nation mit der Herrschaft Napoleons sehr zufrieden 
1802 und übertrug ihm bereitwillig durch Volksabstimmung das Konsulat auf Lebens¬ 
zeit mit dem Rechte, seinen Nachfolger zu ernennen. 
Freilich, die starren Republikaner und die eifrigen Royalisten suchten den 
Ersten Konsul zu beseitigen, die einen, um die Republik, die anderen, um die 
Bourbonenherrschaft wiederherzustellen. So sollte z. B. Napoleon auf der Fahrt 
1800 zur Oper durch eine Höllenmaschine (ein mit Explosivkörpern gefülltes 
Dez. Faß) in die Lust gesprengt werden und entging nur durch die Schnelligkeit seines 
1804 Kutschers dem Tode. Gefährlicher war eine Royalistenverschwörung, um die 
auch Pichegru und Moreau wußten; die Rädelsführer wurden hingerichtet, 
Moreau verbannt; Pichegru starb im Gefängnis. Um die Royalisten zu schrecken, 
ließ Napoleon den ganz unbeteiligten, also unschuldigen Herzog von E n g h i e n 
(aus einer bourbonischen Seitenlinie) völkerrechtswidrig auf badischem Gebiet 
Li.März aufgreifen und in Vincennes, einem Vorort von Paris, erschießen. Ferner benutzte 
Napoleon die Gelegenheit, um die Presse durch eine weitgehende Zensur (Be¬ 
aufsichtigung) zu knebeln. Daraufhin verließ der Dichter Chateaubriand, 
der durch fein berühmtes Buch „Genius des Christentums" im Volke den Boden 
für das Konkordat vorbereitet hatte, Frankreich freiwillig; die geistreiche Frau 
von Stael, die Tochter des ehemaligen Ministers Necket, wurde (1803) aus 
Paris, später aus ganz Frankreich verbannt. 
Außerdem wußte man dem Volke klarzumachen, daß nur die Errichtung einer 
Monarchie mit geregelter Erbfolge den Bestand der Dinge sichern und ähnliche 
Attentate als fortan zwecklos verhüten könne. 
2. Das Kaisertum. So bestieg denn der Erste Konsul, vom Senat und 
vom Tribunat in Vorschlag gebracht und vom Volke durch Listenabstimmung 
1804 gewählt, als Napoleon I., Kaiser der Franzosen, den neuerrichteten Thron 
L. Dez. ^ empfing von dem nach Paris eingeladenen Papst die feierliche Salbung; 
die Krone jedoch setzte er sich und seiner Gemahlin selbst auf. Wenige Monate 
später verwandelte man auch die JtalienIsHe^iepu6Iik°m ein Königreich 
1805 und Napoleon ließ sich in ^Mailand zum Könia von Italien krönen; zum 
Kai Vicekönig ernannte er seinen Stiefsohn Eugen Beauharnais. 
Gleichzeitig wurde auch die Ligurische Republik dem Kaiserreiche einverleibt. 
Der neue Kaiser umgab seinen Thron mit einem glänzenden Hofstaat; die 
Glieder seiner Familie wurden Prinzen und Prinzessinnen, die 
Generale Marschälle. Die Würdenträger erhielten prunkende Adelstitel. 
Dafür verlor die Volksvertretung fast jede Bedeutung; das Tribunat kam 1807 
ganz in Wegfall. Mit dem 1. Jan. 1806 trat auch deralteKalender wieder 
in Gültigkeit. — Doch blieben die großen Errungenschaften der Revolution (bürger¬ 
liche Gleichheit, gleiche Besteuerung, Freiheit der Arbeit rc. rc.) erhalten; und 
wenn auch die Menschenverluste infolge der seit 1805 ununterbrochenen Kriege 
schwer aufs Volk drückten, so wurden sie in den Augen der Franzosen teilweise aus¬ 
geglichen durch den glänzenden Ruhm, den die Taten des Kaisers der Nation 
verliehen.
	        
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