Full text: Lehrbuch für den Geschichtsunterricht an höheren Schulen

dehnte er seine Herrschaft nach allen Seiten aus und bildete 
sich ein treffliches Heer: ans dem Adel die Reiterei, aus den 
Bauern das Fußvolk. Den Bergwerken des Paugäongebirges, 
an dessen Fuß er Philippi gründete, entnahm er das Gold, 
den Wäldern am Hcimns das Holz für seine Kriegsflotte; die 
Eroberung. der Stadt Amphipolis am Strymon und der Ko- 
lonien am Thermüischeu Meerbusen öffnete ihm den Zugang 
zum Ägeischen Meerbusen. 
Schon war auch das unruhige Reitervolk der Thessaler, - 
die Kentauren der Sage, seinem Reich einverleibt. Nun kam 
die Reihe an Hellas. Die Gefahr erkannte nur Demosthenes, 
der letzte große Staatsmann Athens und der größte Redner 
des Altertums. 
2. Mit sieben Jahren verlor er den Bater, der eine 
Waffenfabrik besessen hatte. Gewissenlose Vormünder ver- 
nntrenten das ansehnliche Vermögen. Von der Mutter ängst¬ 
lich gehütet, von den Mitschülern mit Bosheiten verfolgt, hatte 
er eine freudlose Jugend. Aber in dem kränklichen Körper 
keimte ein hoher Geist. 
Als er die Verteidigungsrede eines Staatsmannes hörte, 
welcher des Verrates bezichtigt ward, reiste in ihm der Ent¬ 
schluß, als Redner und Staatsmann seinem Vaterlande zu 
dienen. Der teuer bezahlte Unterricht eines hervorragenden 
Redners sollte zunächst zur Rache an den Vormündern helfen. 
Doch gewann er nur einen geringen Teil seines Erbes zurück. 
Völlig mißlang seine erste Rede in der Volksversammlung: er 
sprach matt und undeutlich; den Anfangsbuchstaben seiner 
Kunst konnte er nicht aussprechen und verschluckte manche 
Silben, zumal als das Hohngelächter der Zuhörer seine Ver- 
wirrung noch steigerte. Aber ein alter Bürger, den seine 
Sprechweise an Perikles gemahnte, sprach ihm Mut eiu, und 
ein Schauspieler soll ihn die Kunst richtigen Atemholens 
und gefälligen Vortrages gelehrt haben. Das Beste jedoch 
that der starke Wille und der unermüdliche Fleiß des 
Jünglings. 
Als er wieder auftrat, zeigte er so wunderbare Fort¬ 
schritte, daß sich die Athener allerhand närrische Dinge erzählten 
von seinen Deklamierübungen am brausenden Meer oder in 
unterirdischem Kämmerlein. Immer eifriger lanfchte das 
Volk seinen ernsten Worten. Denn er hatte stets das Wohl 
des Vaterlandes, nie persönlichen Vorteil im Auge. Unablässig 
legte er seinen Mitbürgern die Wahrheit ans Herz: „Über 
das Leben geht die Ehre; wahrhaft nützlich kann nichts sein, 
was ihr zuwiderläuft."
	        
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