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II. Römische Geschichte.
vor. Es waren große, starke Männer mit zottigem Haupthaar und
langem Schnurrbart, in bunten, gestickten Gewändern, zwar tapfer im
Kampfe, aber ohne Ausdauer und Zucht, Ordnung und Eintracht.
Die Römer zogen ihnen entgegen, erlitten aber 390 an der Allia,
einem linken Nebenflusse des Tiber, eine furchtbare Niederlage; nur
wenige retteten sich in wilder Flucht nach Veji. Drei Tage nach der
Schlacht zogen die Gallier in das verlassene Rom ein, töteten auf dem
Forum die zurückgebliebenen greisen Patrizier, plünderten die Stadt
und zündeten sie an. Nur die Besatzung im Kapitol, dessen Über-
rumpeluug M. Man lins glücklich verhütete (Gänse im Tempel der
Juno), widerstand während der sieben Monate langen Belagerung mit
heldenmütiger Ausdauer. Endlich ging Brennus, von der Nachricht
beunruhigt, daß die Veneter gallisches Gebiet verwüsteten, auf Unter-
Handlungen ein und zog gegen ein abgewogenes Lösegeld („vae victis"
d. h. „wehe den Besiegten") mit seinem Heere ab. Die Sage aber läßt
den verbannten und von den Römern in Veji zum Diktator ernannten
Camillns die Gallier in Rom überfallen und vernichten. Die Absicht
des Volkes, von dem zerstörten Rom nach Veji überzusiedeln, vereitelte
Camillns („der zweite Romulus"). Rom wurde wieder aufgebaut und
überwand bald die Folgen dieses Krieges. Die Gallier wiederholten
ihre Einfälle noch zu verschiedenen Malen, wurden aber stets zurück-
geschlagen.
3. Die Eroberung Mittelitaliens 343—290. Die Eintracht
im Innern und die Vernichtung der etruskischen Übermacht ermutigten
das römische Volk, auch den Kampf mit dem kriegerischen Nachbar-
Volke der Samniten aufzunehmen, die im Apennin bei einfachen
Sitten ihre Kraft bewahrt und allein mit den Römern um die Herr-
schaft Italiens noch ringen konnten.
a) Der erste Samnitenkrieg 343—341. Die Samniten hatten
bei ihren wiederholten Einfällen in Kampanien die Stadt Kapna hart
bedrängt. Diese suchte Hilfe bei den Römern und bot denselben das
kampanische Gebiet als Eigentum an. Rom ging auf das Anerbieten
ein und erklärte den Samniten den Krieg. Die Geschichte dieses
Krieges ist von der Sage entstellt. Es wurde bald Frieden geschlossen,
der Kampanien den Römern zusprach.
b) Der Latinerkrieg 340—338. Kaum waren die Samniten
besiegt, so empörten sich die Latiner gegen die römische Herrschaft.
Sie forderten Gleichstellung mit den Römern und Teilnahme am Kon-