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kamen, sondern Gemeingut des ganzen Volkes wurden. Das Einschneiden
von Heiligenbildern in Holztafeln und der Abdruck dieser hatte schon m
der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begonnen. Seit dem Anfange
des 15. Jahrhunderts hatte man auch den Versuch gemacht, ganze Brch-
seiten in Holz zu schneiden und sie durch den Abdruck zu vervielfältigen.
Da kam um 1450 Johann Gutenberg aus Mainz auf den Gedanken,
bewegliche, aus Metall gegossene Lettern anzuwenden, die beliebig zu
Worten zusammengesetzt und abgedruckt werden konnten. Da Gutmberg
selbst ohne Geldmittel war, beuteten Johann Fust und Peter Schöffer
die Erfindung aus, die sich schnell über alle Länder Europas verbreitete.
Die Bücher konnten nun um so billiger hergestellt werden, als man auch
gelernt hatte, aus Lumpen Papier zu bereiten, wodurch das teure Per¬
gament überflüssig wurde. Eine rasche und allgemeine Verbreitung der
geistigen Bildung war die Folge der neuen Kunst, die insbesondere auch
der Verbreitung der Reformation ungemein förderlich gewesen ist.
4. Die kirchlichen Zustände. Das Kouzil zu Konstanz (Teil II,
§ 60c) hatte ebensowenig wie das zu Basel die so heiß ersehnte Reform
der Kirche an Haupt und Gliedern zuwege gebracht. So
war denn der Zustand der Kirche immer unhaltbarer geworden. Die
meisten Päpste kümmerten sich um die trostlosen Zustände wenig, ihr
Interesse war mehr weltlichen als geistlichen Dingen zugewandt, ihre
weltliche Macht zu vergrößern war ihre Hauptsorge. Das Leben
vieler höherer und niederer Geistlicher bildete ein Ärgernis für die Christen-
heit; besonders groß war die Sitten losigkeit in den Klöstern. Die
Mönche hatten längst alle Achtung eingebüßt, beim Volke durch ihre
grobe Sinnlichkeit, bei den Gelehrten durch ihre bodenlose Unwissenheit.
Die Unzufriedenheit mit den religiösen Zuständen wuchs, als der Hmna-
nismus vielen hervorragenden Gelehrten die Veranlassung gab, ihre
Sprachkenntnisse auch zum Studium der Heiligen Schrift in der Ursprache
zu verwerten. Man gelangte so zu religiösen Ansichten, die von den herr¬
schenden sich bedeutend unterschieden, und begann, an der Wahrheit der
kirchlichen Lehre zu zweifeln. Immer größer wurde die Zahl der Männer,
die die entartete Kirche mit Wort und Schrift angriffen. Den heftigsten
Unwillen aber erregte die schamlose Geldgier der Päpste, die es
verstanden, aus den katholischen Ländern unter immer neuen Vorwänden
große Geldsummen nach Rom zu ziehen, deren sie dort für ihre eigenen
weltlichen Zwecke bedurften. Besonders einträglich war der Ablaß-
Handel, d. h. der Erlaß zeitlicher Kirchenstrafen für Geld, der jedoch