94 Die deutsche Bundesakte 1815.
Hannover wurde zu einem Königreich, Oldenburg, Sachsen-
Weimar und die beiden Mecklenburg wurden zu Großherzogtümern erhoben.
Belgien wurde mit Holland vereinigt 1815—1830, Norwegen mit
Schweden. Für Norwegen mußte Dänemark, das es mit Napoleon gehalten
hatte, Schwedisch-Pommern und dafür wieder das kleine Lauenburg eintauschen.
Rußland nahm das von Napoleon gebildete Herzogtum Warschau, England
behielt Malta, Helgoland, Kapland und Ceylon. In Spanien und Italien
wurden die früheren Herrschaften wieder hergestellt.
Die deutsche Bundesakte (8. Juni) gab den innern Verhältnissen
Deutschlands eine neue Gestalt./) Die Kaiserwürde wurde nicht erneuert.
'An die Stelle des Deutschen Reiches trat der Deutsche Bund, an die
Stelle des Reichstages der Bundestag in Frankfurt, an die Stelle der
Reichsarmee Bundestruppen. Der Deutsche Bund bestand aus 38 selb-
ständigen Staaten. Der Bundesrat zählte 17 Stimmen, indem von den
kleineren Staaten mehrere zusammen nur 1 Stimme führten; in der General-
Versammlung gab es 69 Stimmen, wovon Österreich und die 5 Königreiche
je 4 Stimmen hatten. Den Vorsitz führte Österreich.
Unter den 38 Bundesstaaten gab es 1 Kaiserreich, 5 Königreiche, 1 Kur¬
fürstentum, 7 Großherzogtümer, 10 Herzogtümer, 10 Fürstentümer und 4 freie
Städte. Nicht zum Bundesgebiet gehörten die österreichischen Länder jenseits der •
Leitha und in Italien, sowie die preußischen Provinzen Preußen und Posen. Da-
gegen waren der König von Dänemark für Holstein und der König der Niederlande
für Luxemburg Mitglieder des deutschen Bundes.
Rückblick.
Wenige Tage, nachdem die Bundesakte und die Schlußakte auf dem 60
Wiener Kongreß unterzeichnet waren, erfüllten sich bei Waterloo Napoleons
Geschicke. Für ihn mußten sich von 1805—1815 über 1700000 Franzosen
und 2000000 Verbündete opsern. Frankreich hat alle diese Opser umsonst
gebracht; für Deutschland dagegen war Napoleons gewaltsames Eingreifen
in mancher Beziehung vorteilhaft. Deutschland kam durch die Aufhebung
von 200 Kleinstaaten seiner Wiedervereinigung einen bedeutenden Schritt
näher. Auch wurden durch ihn einige wohlthätige Neuerungen der sranzö-
fischen Revolution nach Deutschland verpflanzt. Dadurch, daß in den nach
französischen Gesetzen regierten Landesteilen (z. B. in den Rheinlanden,
in Westfalen und Bayreuth) die Leibeigenschaft und die Zünfte auf-
gehoben wurden, sahen sich die Fürsten Deutschlands (Preußen 1807, Bayern
1808) veranlaßt, ihren Unterthanen die gleichen Erleichterungen zu ge¬
währen. Die Befreiungskriege endlich haben das Gottvertrauen, die Kraft
und die Würde des Volkes gehoben.,