Full text: Deutsche Geschichte der Neuzeit (Bd. 3)

Die Verheerungen in Deutschland. 
35 
Das Unheil des dreißigjährigen Krieges. 
21 Durch den dreißigjährigen Krieg wurde der Wohlstand, der noch im 
Anfang des 17. Jahrhunderts in Deutschland geherrscht hatte, vernichtet 
und über Stadt und Land unberechenbarer^) Schaden an Hab und Gut, 
an Menschen und Vieh gebracht. Der Krieg hatte keinen Teil Deutschlands 
verschont, wenn er auch nirgends volle 30 Jahre ununterbrochen gewährt 
hatte. Was das Schwert nicht erreichte, fiel der Pest oder dem Hunger 
zur Beute. Jahrzehnte vergingen, bis die Spuren der Verwüstung ver- 
schwanden, und da auch weiterhin Krieg aus Krieg folgte, währte es zwei 
Jahrhunderte, bis Deutschland wieder zu seinem früheren Wohlstand ge¬ 
langte. Rascher erholten sich nur die Länder, deren Fürsten sich die Hei- 
lung der Kriegsschäden besonders angelegen sein ließen, so die Pfalz und 
Brandenburg. 
Karl Ludwig von der Pfalz (1648—80) ordnete an: Wer wüste Felder 
urbar macht, ist für ein Jahr steuerfrei; sind es ganz verwilderte Plätze, für drei 
Jahre. Wer Weinberge neu anlegt, ist für sechs Jahre von jeder Abgabe entbunden. 
Ebenso wird in Städten, wer ein altes Haus ausbessert, auf zwei, wer ein neues 
baut, auf drei Jahre von der Haussteuer befreit. Überdies rief er fremde Kolonisten 
ins Land. Durch ähnliche Bestimmungen brachte Friedrich Wilhelm (1640—88) 
sein verwüstetes Brandenburg wieder empor.2) Auch Maximilian 1. von Bayern, 
einer der wenigen deutschen Fürsten, die den Krieg von Anfang bis zu Ende durch- 
lebten, nützte die kurze Zeit aus, die ihm noch gelassen war, indem er Pflanzen und 
Samen zur Bebauung des Landes verteilte und in Schleißheim eine landwirtschast- 
liche Schule gründete. 
Die Soldaten, mit denen der dreißigjährige Krieg geführt wurde, 
waren größtenteils angeworbene Söldner. Sollte ein Heer gesammelt wer- 
den, so wurden so viele Obersten ausgestellt, als Regimenter ausgerichtet 
werden sollten. Das nötige Geld bekamen sie entweder von ihrem Kriegs- 
Herrn oder sie schössen es in Hoffnung auf reiche Kriegsbeute selbst vor. Die 
Obersten wählten und ernannten selbst ihre Hauptleute und Offiziere. Von 
diesen wurde an verschiedenen Musterplätzen die Werbetrommel gerührt und 
*) Deutschland soll die Hälfte oder gar 2/s seiner Bewohner verloren haben. Die 
Pfalz soll von 500 000 Einwohnern aus 50 000, Württemberg von 400 000 auf 48 000 
zurückgegangen sein. Bayern, wird berichtet, glich einer Wüste, wo kaum der zehnte Mann 
noch lebte. Augsburg, das in zwei Jahren (1627/28) 12 000 Menschen durch die Pest 
verlor, zählte 1618 etwa 45 000, 1635 nur 16 000, 1645-wieder 21000 Einwohner' Dürn¬ 
bergs Bevölkerung sank von 40 000 auf 18 000. — Die Greuel des dreißigjährigen Krieges 
schilderten Grimmelshausen in seinem Simplizissimus und Moscherosch in seinem Philander. 
2) Brandenburg und Pfalz haben damals mit dem Tabaksbau in Deutschland den 
Anfang gemacht. 
3*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.