Object: Vaterländische Erdkunde (1)

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b) Der Rhein. 
(1. Das Sett.) Ein bestimmtes Bett war naturgemäß nicht für ihn 
vorhanden, und bei seinem schnellen Lauf auf der schiefen Ebene fand er auch 
nie Zeit, sich ein solches auszuwaschen. Er blieb, besonders auf der Strecke 
bis Straßburg und noch darüber hinaus, ein Wildwasser gleich den Alpen- 
flössen auf der Süddeutschen Hochebene. Fast nie hat er auf dieser Strecke 
einen einheitlichen Laus. Als ein Netz von Gabelungen und Wiedervereinigungen 
bewegt er sich zwischen Sand- und Geröllanschwemmnngen, zwischen Inseln •— 
hier „Auen" genannt — und Buschgruppen dahin (s. Karton „Straßburg", Atlas 
S. 7). Wie oft mag sich im Laufe der Jahrtausende dieses Netzwerk verändert 
haben, denn unausgesetzt trug der Rhein neue Geröllmassen herbei, die alten Betten 
erhöhend und so sich selber zwingend, neue aufzusuchen. — Das ist der Rhein, 
wie der Mensch ihn aus den Händen der Natur empfing. Es bedurfte gewal- 
tiger Arbeiten, um ihn zu einer nutzbaren Wasserstraße umzuschafsen. Fast d!e 
ganze Strecke von Basel bis Mainz mußte kanalisiert werden, um all die Wässer- 
lein in einem Bette zu sammeln.^) Auch ausgedehnte Deicharbeiten waren 
nötig, um den verderblichen Überschwemmungen entgegenzutreten. Dieser über 
2^/2 Maß (250 km) lange Laus ist jetzt „die längste gefesselte Flußstrecke der 
Erde" (Penck). 
(2, Medelungen.) Die Gebiete in unmittelbarer Nähe des Rheins sind, 
das geht aus obigem zur Genüge hervor, für menschliche Siedelungen wenig 
einladend. Zwischen und seitwärts von den vielen Flußarmen, die durch die 
Kanalisierung übrigens vielfach zu „toten" Läufen geworden sind, finden sich 
zahlreiche Sümpfe, Moore, Sandflächen und Kiefernwaldungen. Auf 
der ganzen Strecke bis Karlsruhe hinauf treffen wir infolgedessen un¬ 
mittelbar am Rhein keine einzige Mittel- oder auch nur Kleinstadt. 
Uberhaupt wohnt die Bevölkerung in dem Mittelstreifen der Tiefebene nur 
halb so dicht als in den randlichen Gebieten (100 gegen 200 auf dem 
Quadratkilometer). Die beiden gröjseren Mittelstädte, die wir im südlichen 
Teil der Ebene finden — Mülhausen i. E.? | = Freiburg), liegen beide 
weitab vom Rhein, Mülhausen, eine lebhafte Fabrikstadt, an der III, Frei¬ 
burg in einer freundlichen Thalöffnung des Schwarzwaldes. Ebenso fern 
vom Rhein hält sich die andere (kleine) Mittelstadt (A) der III, Kolmar. 
Erst Strafsburg, gleichfalls an der III gelegen, rückt dem Rhein auf eine 
Stunde Wegs (5 km) nahe, an einer Stelle nämlich (s. Karton „Strafsburg" 
S. 7), wo die Gabelung stark eingeschnürt, der Rhein in seiner Willkür 
beschränkt erscheint. In weiterer Entfernung von ihm halten sich dann 
wieder zwei kleine Mittelstädte (von je Q), die eine auf der elsäfsischen 
Seite —- Hagenow — die andere auf der badischen — Baden, — letztere 
ein weltbekannter Badeort am Abhang des Schwarzwaldes (s. dort). Auch 
das weiter nördlich dann folgende Karlsruhe, Badens schöne, erst Anfang 
des vorigen Jahrhunderts angelegte Hauptstadt, bleibt noch i1/2 Stunden 
vom Rhein entfernt. 
Weiter nordwärts ändert sich das Bild etwas. Die Gabelungen werden 
seltener, die Ufer vielfach höher. Namentlich von links her, vom Pfälzer 
Bergland, drängt sich höher gelegenes, anmutiges Land dicht ans Ufer, so 
x) Aus der nördlichen Strecke handelte es sich überwiegend um Abkürzungen des 
Lauses, indem man mittels geraden Durchstichs die vielfachen Windungen abschnitt.
	        
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