Full text: Lehrbuch der bayerischen Geschichte

47. Ludwig II. 
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Ingolstadt-München, Würzburg, Heidelberg den Eintritt in ein 
neues Jahrhundert ihres Bestehens. Dankbar konnten sie dabei des 
wittelsbachischen Herrscherhauses gedenken, dem sie ihren Ursprung 
oder ihre Blüte verdanken. So war denn auch, als im September 
1880 das siebeuteJahr hundert wittelsb achisch er Herr¬ 
schaft über Bayern sich vollendete, dies nicht bloß für die älteren, 
sondern auch für die jüngeren Provinzen Anlaß zu einer freudigen 
Feier, da sie insgesamt unter dem Walten der vier letzten mittels- 
bachischen Könige in sehr glücklicher Weise ihre Kräfte hatten ent- 
falten können. 
War so das bayerische Volk durch seine Geschichte mit dem 
Königshause in Liebe und Treue enge verbunden, so mußte es auch 
durch das Unglück, von welchem sein König zuletzt betroffen wurde, 
aufs tiefste erschüttert werden. Die ideale Sinnesrichtung des 
reichbegabten Herrschers hatte denselben mehr und mehr der Wirk- 
lichkeit entfremdet. In der Einsamkeit, in welche er sich zurückzog, 
bildete sich allmählich der Keim einer geistigen Erkrankung aus, 
die zuletzt seine Stellung unter ärztliche Aufsicht und Pflege und 
die Einsetzung einer Regentschaft notwendig machte. Da Prinz 
Otto schon seit Jahren der gleichen Krankheit verfallen war wie 
sein königlicher Bruder, so fiel die Regentschaft dem Oheim des 
Königs, dem Prinzen Luitpold, dem Bruder Maximilians IL, 
als dem nächstberechtigten Agnaten zu. In einer Proklamation 
vom 10. Juni übernahm derselbe die durch die Umstände erschwerte 
und schmerzliche Aufgabe. Aber schon nach kurzer Zeit erfüllte 
sich Ludwigs unglückliches Geschick. Der irrsinnige König war 
der ärztlichen Pflege wegen nach Schloß Berg am Starnberger 
See gebracht worden. Auf einem Spaziergange mit seinem Arzte 
suchte er plötzlich zu entkommen, eilte nach dem See und fand in 
diesem zugleich mit dem Arzte, der ihm nachgeeilt war, um ihn 
zurückzuhalten, feinen Tod am 13. Juni 1886. Der Verfassung 
gemäß gingen nun die Herrscherrechte auf Prinz Otto über, der 
als Otto I. den Königstitel führt, während in seinem Namen 
Prinz Luitpold unter dem Titel eines Prinzregenten und Ver¬ 
wesers des Königreichs Bayern die königliche Gewalt übt.
	        
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