426 Die Cultur der Griechen. 
§ 76. 
Die Komödie. 
Auch die Komödie entwickelte sich aus den Dionysosfesten und zwar aus den 
fröhlichen Umzügen, den Spielen und den Mummereien der ländlichen Dionysien. 
Die dorifchen Griechen hatten ein besonderes Geschick, lächerliche Thorheiten auf- 
zufinden und darzustellen. Aus dieser Anlage entwickelte sich bei den dorischen Griechen 
auf Sicilien schon sehr früh eine eigene Art Geberdenspiel Mimen genannt, das 
ungefähr unserem Lustspiel in einem Akt entsprach. Sophron, 450 v. Chr. in 
Syrakus lebend, erhob zuerst das im Volke heimische Mimen- und Geberdenspiel, das 
von Tanz und Musik begleitet war, zu kleinen Dramen voll Natürlichkeit, welche sich 
durch wohlklingende Sprache und treffende Charakterzeichnung auszeichneten. Es 
waren dies Abbilder des unteren Volkslebens. — In Griechenland brachten die 
dorischen Megareer die Komödie nach Attika durch Landleute, welche bei den länd- 
lichen Dionysien auf Karren herumziehend Spott- und Scherzlieder sangen. In 
Attika erhob sich dann die Komödie zu ihrer höchsten Blüthe, der attische Witz wurde 
als „attisches Salz" sprüchwörtlich. Durch ihren bakchischen Ursprung behielt die Komödie 
etwas Großartiges, wodurch auch das Gemeine, das sie nicht verschmähte zu schildern, 
in eine gewisse poetische Höhe gehoben wurde. Die attische Komödie hatte auch einen 
politischen Charakter: sie vertrat die öffentliche Meinung. Die Komödie liebte 
Masken von grellen bis zur Caricatur reichenden Zügen, die in ihr auftreten- 
den Schauspieler trugen niedrigere Schuhe als in der Tragödie und ihr Chor bestand 
aus 24*) Personen, welche phantastisch ausstaffirt waren. Eigentümlich war dem 
Chor der Komödie die sogenannte Par abäse, in welcher er mit einer Schwenkung 
nach den Zuschauern durch den Chorführer dieselben anredete, um irgend ein per- 
fönliches oder ein Staatsanliegen vorzutragen. 
Der größte Komödiendichter der älteren Komödie war Aristophanes 
zur Zeit des peloponnesischen Krieges blühend, und von ihm sind 11 Stücke erhalten. 
Von den älteren Dichtern haben sich nur die Namen einzelner Stücke erhalten. Be- 
fonders berühmt unter ihnen war Krätrnos, welcher noch als Greis mit seiner 
„Frau Flasche", in welcher er sich selbst mit seinen beiden Frauen: der Komödie 
und der Flasche, schilderte, einen Sieg über die „Wolken" des Aristophanes erlangte. 
— Aristophanes war beseelt von inniger Liebe zum Vaterland und von tiefem 
Rechtsgefühl, welche selbst, wenn er sich der tollsten Laune und Ausgelassenheit zu 
überlassen scheint, noch hervorbrechen. Seine Werke bezeugen, daß er mit edlem Un- 
willen die Verschwendung der Kräfte des Staates mitansah in einem Kriege, der 
allen Klassen des Volkes Verderben und yur den treulosen Staatsverwaltern Nutzen 
brachte. Mit sicherem Bewusstsein seiner Überlegenheit beherrscht er seine Zuschauer. 
Kein Dichter hat je wieder wie er verstanden, eine solche Fülle der kühnsten Ersin- 
düngen, das Höchste und das Niedrigste, zu einem vollendeten Ganzen zu verflechten. 
Wie Äschylos, was groß und edel ist, erhebt, so tritt Aristophanes in den Staub, 
was niedrig und verwerflich ist; freilich verstoßt er dabei oft sehr gegen unsere Be- 
griffe von Anstand, indem er das Gemeine immer mit dem rechten Namen nennt 
und indem er die Freiheit, die dem Dichter bei den Alten in solchen Dingen erlaum 
war, im höchsten Grade benutzt. Man darf dabei nicht vergessen, dass deshalb auch 
den Frauen der Zutritt zu dem Lustspiel mit seinen derben Spässen verboten war, 
und dass auf der antiken Bühne auch die Frauenrollen von Männern gespielt wur- 
den. —Die erhaltenen Stücke von Aristophanes sind: 1. Die Acharner 425 v. Chr. 
aufgeführt. 2. Die Ritter 424 v. Chr. In diesem Stücke griff er den Kleön mit 
solcher Schärfe und Kühnheit an (s. § 48), dass Niemand die Hauptrolle zu spielen 
wagte und dies Aristophanes selbst thun mnsste. 3. Die Wolken 423 in welchen 
Aristophanes in der Person des Sokrates die Schulweisheit der Sophisten ver- 
spottete. 4. Die Wespen. Auch in diesem Stücke bekämpft Aristophanes den Kleon 
und dessen Anhänger; es ist namentlich gegen die Prozesssucht der Athener und gegen 
die Sucht, sich als Richter wichtig zu machen, gerichtet. 5. Der Fr reden 421 v. Chr. 
6. Die Vögel 414 v. Chr. In diesem Stücke voll gutmütigen Humors und voll 
übersprudelnder Laune sucht Aristophanes die Athener von ihrem Unternehmen gegen 
*) Der Chor der Tragödie hatte ursprünglich aus 50 Personen bestanden. Bei 
einer Aufführung von einer Tragödie des Äschvlos hatte aber der Chor der Eu- 
meniden einen so furchtbaren Eindruck aus die Zuschauer gemacht, dass fortan vre 
Zahl der Chormitglieder für die Tragödien gesetzlich auf 15 eingeschränkt wurde.
	        
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