432 Die Cultur der Griechen. 
Jahre alt. Der von ihm gestiftete Bund erhielt sich noch Jahrhunderte hindurch.— 
Pythagoras dachte sich die Erde als Kugel, welche sich mit der Sonne, dem Monde 
und dem ganzen Firmaments (Luftkreis) um ein Centralfeuer bewege, von dem die 
Gestirne ihre Leuchtkraft erhielten, welche sie dann der Erde mittheilten. Durch ihren 
Umschwung bringen die Gestirne Töne hervor, die Harmonie der Sphären, 
welche nur den Göttern und gottähnlichen Menschen vernehmbar sind, deren Freude 
und Entzücken sie bilden. Im Erdenleben hat sich der Mensch zu reinigen und vor- 
zubereiten für das Jenseits, und die Seele muss nach dem Tode noch mehrmals 
durch irdische Leiber wandern, bis sie vollkommen geläutert ist, um zu Gott zurück- 
kehren zu können. Damit lehrte Pythagoras die Seelenwanderung. In der 
Mathematik war Pythagoras ein Genie, noch heute bildet der von ihm erfundene 
Lehrsatz, der pythagvräische Lehrsatz, die Grundlage der Mathematik. Als er 
denselben gesunden hatte, soll er den Göttern eine Hekatombe, bestehend aus in 
Mehlteig geformten Stieren, geopfert haben. 
§ 79. 
Die Philosophie seit Sokrates. 
Die Sophistik. Sokrates. Platon. Die kyrena'ische und die epikureische Philo- 
sophie. Die kynische und die stoische Philosophie. Aristoteles. Die alexandrinische 
®"bu"6' Di- Sophistik. 
Schon zu Anaxagoras Zeit entstand ein besonderer Zweig der Philosophie. 
Man suchte nämlich mit Hülse der erkannten Gesetze des Denkens den Schein von 
der Wahrheit zu unterscheiden, und diese Art der Philosophie, Dialektik ge- 
nannt, welche sich so gut im praktischen Leben verwenden ließ, fand in Athen eine 
6Un1"tt0JnlUntentatien artete diese Philosophie bald in einen Nebenzweig aus, den 
man Sophistik nannte. Der Philosoph Gorgias brachte die Sophistik zuerst von 
Unteritalien nach Athen (s. § 49). Diese Art des Philosophirens bestand m .der 
Kunst, Alles nach Belieben zu beweisen oder zu widerlegen, so dass man mit einiger 
Schlauheit durch Spitzfindigkeiten und Trugschlüsse den bloßen Schein zur Wahrheit 
und die Wahrheit zum Jrrthum verdrehen konnte. Die Jünger dieser Kunst, bte 
Sophisten, welche namentlich in der 2ten Hälfte des 5. Jahrhunderts ihr Wesen 
trieben, machten die Philosophie zu einem niedrigen Gewerbe, denn nur einige von 
ihnen waren wirklich kenntnißreich, die meisten besaßen nur Scheinwissen und eine 
große Fertigkeit im Disputiren. Sie boten sich allen denen, welche tm Staate Cm- 
fluss erlangen wollten, als Lehrer der Redekunst an und trugen bei den Wechsler- 
tischen in Athen und bei den Festen zu Olympia, wie überall, wo Leute zusammen 
kamen, ihre Trugkünste vor, indem sie sich bereit erklärten, über alles, was man 
ihnen vorlege, in jedem beliebigen Sinne zureden. Protagoras von Abdera 
war der berühmteste Sophist. Er musste 411 v. Ehr, aus Athen fluchten. Der be- 
rühmte Philosoph Sökrä'tes in Athen trat zuerst gegen das Treiben der bO; 
ph'sten auf. . 
Sokra tes. 
Sokrates, der Sohn des Bildhauers Sophroniskos, war 469 v. Chr. zu 
Athen geboren. Er genofs in seiner Jugend, wie alle freien Athener, eine gute 
leibliche und geistige Ausbildung, der er feine gesunde Geistes- und Korperkraft ver- 
dankte. In seinem Wesen hatte jede Kraft ihr rechtes Maß und durch eine ein¬ 
fache, naturgemäße Lebensweise suchte er sich sein ganzes Leben hindurch dieses 
Gleichgewicht der Kräfte zu erhalten, denn nach seinem Ausspruche war keine ^e- 
dürsnisse zu haben göttlich, wenige zu baben gottähnlich. Er war aber nicht 
schön und seine ausgestülpte Nase, durch welche er dem Silen ahnlich sah, gab ihm 
selbst und seinen Freunden viel Anlass zu Scherz, ^n semer ^ugend war Vorrates 
Bildhauer. An der Regierung und der Verwaltung des Staates nahm Sokratev 
nur soviel Theil, als die Pflicht erforderte (f. § 48 u. 49); er wollte fernem Sater- 
lande nicht als Staatsmann, sondern als Volkslehrer und Sittenrichter dienen.. 
Unter den 30 Tyrannen, welche doch so viele, edlen Bürger anfeindeten, wurde er 
nicht verfolgt, weil er keine Rolle im eigentlichen Staatsleben Kielen wollte, da er, 
wie er selbst sagte, nie Ehrgeiz besaß. Seme von den spateren Schriftstellern schlimm
	        
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