Full text: Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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Wohltäter der Deutschen geworden. Deshalb erhielt er den Namen 
Bonifazius, d. h. Wohltäter. 
Im Wirken fand der 74jährige Menschenfreund seinen Tod. 
Noch war ein Teil der Friesen unbekehrt; deshalb wollte er das 
Werk seiner Jugend als Greis vollenden. Ehe er den Rhein hinab¬ 
fuhr, bereitete er voll Todesahnung das Leichentuch, in das er ge¬ 
hüllt sein wollte. Im Friesenland angekommen, predigte er mit 
gutem Erfolge. Einst erwartete er Neugetaufte zur Erteilung der 
Firmung. Statt der Bekehrten brach jedoch eine wilde Schar heid¬ 
nischer Friesen aus dem Walde hervor. Das Evangelienbuch über 
dem Haupte haltend, endete Winfried unter den Äxten der Mörder. 
Sein Leichnam ruht in Fulda. 
Vor Karl dem Großen hat niemand einen gewaltigeren Ein¬ 
fluß auf Deutschland ausgeübt, als Bonifazius, der mit vollem 
Rechte der „Apostel der Deutschen" genannt wird. Wir ehren ihn 
hoch als den Begründer deutscher Nationaleinheit imb Hersteller 
einer deutschen Kirche und lassen uns in dankbarer Erinnerung das 
Wort gesagt sein: ^Gedenket an euere Lehrer, die euch das Wort 
Gottes gesagt haben, welcher Ende schauet an und folget ihrem 
Glauben nach." Nach David Müller, H. Klein u. Fr. Lllbker. 
66. Larl der Große. 
Noch heute lebt Karl der Große, der 814 sein Haupt zur ewigen 
Ruhe niederlegte, im Gedächtnisse der Menschen fort. Er regierte 
kräftig nach außen, gerecht und ruhmreich nach innen. Durch seine 
bürgerlichen Einrichtungen und kirchlichen Ordnungen wirkte ec 
segensreich für fein Volk und musterhaft für andere Herrscher. Die 
Bildung und Erziehung seiner Untertanen lag ihm am Herzen. Des¬ 
halb pflegte er die Wissenschaften und war ein leuchtendes Vorbild 
aufrichtiger Frömmigkeit und redlichen Strebens. Rastlos arbeitete 
er für des Reiches Wohl, auch auf das Kleinste war sein Blick ge¬ 
richtet. 
Karl war der Willensstärke und einsichtige Herrscher, der sein 
ungeheures Reich selbst regierte. In ihm liefen alle Fäden zu¬ 
sammen; feine gewaltige Hand führte die Zügel sicher und weise. 
Das ganze Reich war in Gaue eingeteilt. Die Gaugrafen saßen all¬ 
monatlich zu Gericht und sprachen Recht, wo es sich um Leben, 
Freiheit und Eigentum handelte. Die Gaue bestanden aus kleineren 
Bezirken, welche die Zentgrafen verwalteten. Die Marken waren 
an den Grenzen zur Verteidigung des Reiches und zum Angriff 
eingerichtet. Über diese waren die Markgrafen gesetzt, denen 
größere Macht und mehr Rechte eingeräumt waren. Mehr als 
200 Pfalzen oder Kammergüter befanden sich im Besitze des 
Kaisers, aus denen er fast ausschließlich seine Einnahmen bezog. 
Hier walteten die Pfalzgrafen in des Kaisers Namen. Viertel¬ 
jährlich erschienen die zwei Sendgrafen, in der Regel ein Weltlicher 
und ein Geistlicher. Immer wählte Karl hierzu die angesehensten,
	        
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