Deutschland im dreizehnten Jahrhundert.
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der dort wohnte, zum Lehen; dann wurde der Bischof der Stadtherr.
So kann man königliche, bischöfliche und fürstliche Städte unter-
scheiden; die letzteren sind die, welche von den Landesfürsten mit Stadt-
recht begabt worden waren. Zu den königlichen Städten gehörte z. B.
Nürnberg, zu den bischöflichen Mainz und Magdeburg, zu den fürstlichen
München und Braunschweig, die von Heinrich dem Löwen Stadtrecht er-
halten hatten.
Die Bevölkerung in den Städten bestand in der Hauptsache aus zwei Geschlechter
Ständen, den Geschlechtern und den Handwerkern. Der Stand der Ge-
schlechter oder Patrizier ging hervor aus den wohlhabenden Grund-
besitzern und den großen Kaufleuten, die in der Stadt ansässig waren.
Sie bildeten einen Adel, der die Herrschaft in der Stadt meist dem früheren
Stadtherrn aus den Händen wand und selbst führte; aus den Geschlechtern
wurde der Rat besetzt, der nunmehr die oberste Behörde in der Stadt
bildete, und die Bürgermeister gewählt. Sie waren oft reiche Leute,
deren Schiffe die Meere befuhren und deren Handelsbeziehungen in weite
Ferne reichten, vornehme Herren, die stolz auf ihre Herkunft waren, sich
den Rittern gleich achteten, sich prächtig kleideten und auf die übrige Be¬
völkerung von oben herabsahen.
Aber auch die Handwerker wurden allmählich wohlhabender, be-^ ®ie ,
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habrger und selbständiger. Daß ste tn Zünften vereinigt waren, stärkte
ihre Macht; daß auch sie Waffen führten, hob ihr Selbstgefühl. Sie
mochten sich nicht auf die Dauer von den Patriziern beherrschen lassen,
sondern wollten selbst am Regiment teilnehmen. So kam es denn im
vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert in vielen Städten zu Aufstän-
den der Zünfte gegen die Geschlechter, die mit den Streitigkeiten zwischen
Volk und Adel in den Städten des alten Griechenlands und mit den
Ständekämpfen im alten Rom zu vergleichen sind. In diesen Kämpfen
floß viel Blut, und sie endeten meist damit, daß einige Zunftmeister in
den Rat aufgenommen wurden. So erhielt die Stadtverfassung vielfach
einen demokratischen Charakter.
Das vierzehnte Jahrhundert ist die Blütezeit des deutschen Städte-
Wesens. Damals standen diese Republiken mächtig da, um so mächtiger,
weil sie sich zu Städtebünden zusammenschlössen. Ein rheinischer Städte-
^tädtebund hatte schon zur Zeit des Interregnums bestanden; von der
Hanse und dem schwäbischen Bunde soll noch die Rede sein.
Schließlich ist es allerdings nicht allen Städten gelungen, die selb¬
ständige Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten festzuhalten. Viele
Neubauer, Lehrbuch der Geschichte 11,1. 19. Aufl. 6