Metadata: Bayerische Geschichte für Mittelschulen

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bracht und dort wie Gefangene gehalten, ihre einzige Schwester, Maria 
Anna, ins Angerkloster gesperrt. Über Max ©mannet und dessen 
Bruder Joseph Klemens sprach der Kaiser mit Zustimmung des Kur- 
fürstenkollegiums die Acht und den Verlust aller ihrer Länder und 
Würden aus; die bayerischen Grenzgebiete verschenkte und zerstückelte 
er, um Bayerns Wiederherstellung wo nicht unmöglich zu machen, 
so doch aufs äußerste zu erschweren. 
Der Kurfürst Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg erhielt bte Oberpfalz 
mit Cham und der Kurwürde, Marlborough bekam Mindelheim als 
deutscher Reichsfürst 2c. 
Die österreichische Verwaltung trieb 4—Tfache Steuern ein und 
hob die Söhne des Landes aus, damit sie auf den Schlachtfeldern 
Ungarns und Italiens für Österreich bluteten. Recht und Mensch- 
lichkeit waren nur mehr Gnadensache; der niedrigste kaiserliche Kriegs- 
kriecht schritt stolzer einher als der Edelste des Landes. 
Während Bayern unter dem österreichischen Drucke schmachtete, 
dauerte der Krieg in den Niederlanden, in Italien, Frankreich und 
Spanien fort. 
Glänzende Siege Prinz Eugens und MarlboFoughs über die Franzosen 
brachten Ludwig XIV. dahin, daß er gegen Verzicht auf Spanien, 
Herausgabe des Elsaß und Straßburgs und Leistung einer Zahlung 
von einer Million Franken zur Vertreibung seines Enkels aus 
Spanien den Frieden suchte. Aber die Verbündeten verlangten, 
daß er letztere selbst vollziehe. Darauf ging Ludwig nicht ein, und 
der Krieg ward fortgesetzt. 
Plötzlich trat für Frankreich eine günstige Wendung ein. Kaiser 
Joseph 1. starb 1711 ohne männliche Nachkommen, und sein Bruder 
Morl Tl. gelangte zur Kyiserwürde. Da dieser in dem Kriege als 
spanischer Thronprätendent gegen Philipp von Anjon aufgetreten war, 
fürchteten die Seemächte nach der nunmehrigen Lage der Dinge, daß 
durch die Vereinigung der spanischen Monarchie und Österreichs unter 
einem Scepter die h a b s b u r g i s ch e Macht wieder zu dem Über- 
gewichte gelange wie zu Karls V. Zeit und dadurch das „euro- 
päische Gleichgewicht" gestört werde, und zeigten sich zum 
Frieden geneigt. Dieser kam zwischen Frankreich, den See- 
mächten England und Holland und den übrigen Verbünde- 
ten Österreichs 1213. zu Utrecht zustande. Philipp von 1713 
Anjon behielt Spanien nnd Indien, England bekam Gibraltar 
und Gebiete im Norden Amerikas, Friedrich von Brandenburg 
wurde als König von Preußen anerkannt. 
Österreich, welches den Krieg noch allein weiter führte, trat dem 
Frieden erst Uli durch den Vertrag zu Rastatt bei. Österreich 1714 
erhielt die spanischen Niederlande (— Belgien), Neapel, Mailand und 
Sardinien, das es 1720 an Savoyen gegen die Insel Sizilien aus¬ 
tauschte ; Frankreich behielt das Elsaß, Straßburg und die Festung 
Landau und gab nur die während des Krieges eroberten Orte Kehl, 
Freiburg und Alt-Breisach zurück; die Kurfürsten von Bayern
	        
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