352 Achter Zeitraum. Bis zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches.
seinen Neffen, zu Feldmarschällen; den General v. Moltke erhob er in den
Grafenstand.
f) Die Belagerung und Einnahme von Paris.
a) Die ersten Ausfälle der Pariser und die neue Einteilung des
deutschen Heeres. Schon während der ersten Wochen der Belagerung
machten die Pariser mehrere Ausfälle; doch wurden diese mit leichter
Mühe zurückgeschlagen. Gefährlicher für die Deutschen war das Vordringen
der von Gambetta geschaffenen Provinzialheere. Zwar fehlte es den
Franzosen an Offizieren und an der nötigen Zeit, die ungeübten Mann-
schaften zu tüchtigen Soldaten zu machen. Aber ihr Anmarsch gegen
Paris nötigte doch die deutsche Heeresleitung, starke Abteilungen des Ein-
schließungsheeres zu entsenden und dieses in bedenklicher Weise zu schwächen.
Zum Glück wurde durch die Übergabe von Metz das Heer des
Prinzen Friedrich Karl frei. Nachdem dieses sich wieder in zwei
Teile getrennt hatte, zog der Prinz selbst mit der II. Armee nach der
mittleren Loire, General v. Manteuffel, der Nachfolger des abberufenen
Generals Steinmetz, mit der I. Armee nach dem Norden Frankreichs.
ß) Der erste Entsatzversuch (die Schlachten bei Amtens, Beanne
la Rolande und Loiguy) und der Ausfall des Generals Ducrot. An
der Somme unweit Amiens traf die I. Armee auf den Feind (27. No¬
vember). Sie warf ihn unter schweren Opfern über den Fluß zurück,
besetzte Amiens und drang bis an den Atlantischen Ozean vor. — An
der Loire hatte v. d. Tann Orleans räumen und dann nach dem Treffen
bei Coulmiers (9. November)1 sich noch weiter nordwärts zurückziehen
müssen. Gambetta gab jetzt dem zaudernden Führer der Loire-Armee den
Befehl, unverzüglich nach Paris vorzudringen. Bei Beaune la Ro-
lande, nordöstlich von Orleans, stießen die Franzosen auf das 10. Armee¬
korps vom Heere des Prinzen Friedrich Karl (28. November). Mit zäher
Ausdauer hielt dieses stundenlang gegen die sechsfache Übermacht stand,
bis gegen Abend das 3. Armeekorps zu Hilfe kam und den Sieg der
Deutschen entschied (vgl. Mars la Tour). Trotz dieses Mißerfolges befahl
Gambetta, in einer andern Richtung weiter vorzurücken. Aber bei Loigny,
nördlich von Orleans, traten die Bayern unter v. d. Tann und die
Mecklenburger unter dem Großherzog Friedrich Franz dm Franzosen
in den Weg und brachten in einer blutigen Schlacht ihren Vormarsch zum
Stehen (2. Dezember).
1 Es ist dies, abgesehen von kleineren Erfolgen, der einzige Sieg, den die
Franzosen während des ganzen Feldzuges errungen haben. Sie verdankten ihn ihrer
großen Übermacht (70 000 gegen 20 000).