Full text: Deutsche Geschichte von der Thronbesteigung Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

Dritter Abschnitt. Die Wiedergeburt Preußens u. die Befreiung Deutschlands ic. 289 
mit lebhaftem Temperament, ein Mann von klarem Verstand und entschiedenem 
Willen, voll Begeisterung für das deutsche Vaterland, gottesfürchtig und dabei 
ohne Furcht vor den Menschen. 
Gerh. David Scharnhorst stammte aus dem Kurfürstentum Hannover, 
wo sein Vater als einfacher Landmann lebte. Er trat zuerst in das hannoversche, 
später in das preußische Heer ein. Sein entschlossenes Verhalten bei Preußisch- 
Eylau brachte ihm die Beförderung zum General. Nach dem Tilsiter Frieden 
ernannte ihn der König zum Vorsitzenden des Ausschusses, der die Ver- 
besserung des Heerwesens durchführen sollte. Später bekam Scharnhorst die Leitung 
des gesamten Kriegswesens. So wurde er „der Waffenschmied der deut- 
schien Freiheit" l. Gleich in der ersten Schlacht der Befreiungskriege (bei 
Lützen oder Groß-Görschen) empfing er eine Wunde, die feinen Tod herbeiführte 
(vgl. S. 298). Scharnhorst war das Urbild eines Niederfachfen, eine stille, 
bescheidene und anspruchslose Natur. Schlicht und einfach in seinem Austreten, 
besaß er eine Seele voll schöpferischer Gedanken und warmer Vaterlandsliebe. 
Beide Männer erstrebten die lebendige Teilnahme des ganzen 
Volkes am öffentlichen Leben. Alle Stände sollten mit tatkräftigem 
Gemein sinn und opferfreudiger Liebe zu König und Vaterland 
erfüllt werden. 
Die wichtigsten Verbesserungen, die sich an ben Namen Steins knüpfen. 
sind folgende: 1. Die Aufhebung der Gutsuntertänigkeit, bie 
für bie Krön- ober Domänenbauern bereits einige Jahre vorher durch- 
geführt worden war. Dadurch erhielten 2/s der gesamten Bevölkerung 
des Staates die persönliche Freiheit. 2. Die Freiheit des Güter- 
Verkehrs. Jeder, ohne Unterschied des Standes, sollte jedes beliebige 
Gut erwerben dürfen. 3. Die freie Wahl des Gewerbes für alle 
drei Stände. 4. Die Städteordnung. Die Städte, welche bisher 
ganz von königlichen Beamten abhängig waren, erhielten Selbstverwaltung, 
b. h. bie selbständige Regelung des städtischen Haushaltes, des Schul- 
und Armenwesens5. Die Umgestaltung ber Staatsverwaltung. 
An die Stelle des General-Direktoriums trat das Staatsministerium 
mit fünf (gegenwärtig neun) Fachministern. Zwischen die oberste Be- 
hörbe unb die Kriegs- und Domänenkammern, die fortan Königliche 
Regierungen hießen, traten für bie einzelnen Provinzen bie Ober¬ 
präsidenten. 
Das Werk Steins setzte der Freiherr von Hardenberg als Staatskanzler 
(1810—1822) fort, dessen Maßregeln jedoch zum Teil den gewalttätigen Geist 181V 
der französischen Revolution atmen. Die wichtigsten sind: 1. Die Einführung 
1 Vgl. das Gedicht von E. M. A r n d t „Der Waffenschmied der deutschen Freiheit". 
2 Ähnliche Einrichtungen wurden für die Landgemeinden, Kreise und 
Provinzen in Aussicht genommen, aber erst später, zum Teil in der neuesten Zeit 
durchgeführt (vgl. S. 367). Ebenso blieb die Berufung von Reichsständen, d. h. 
einer ständischen Vertretung für den ganzen Staat, vorläufig bloßer Entwurf. 
Mertens, Hilfsbuch d. deutsch. Gesch. Ausg. A. III. 13. u. 14. Aufl. 20
	        
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