Full text: Deutsche Geschichte von der Thronbesteigung Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

330 Achter Zeitraum. Bis zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches. 
Gegen seinen aus einer Nebenlinie entsprossenen Nachfolger Christian IX. 
machte der Prinz Friedrich von Augustenburg, der Vater unserer 
Kaiserin, sein Erbrecht auf Schleswig-Holstein geltend. Er fand Anhang 
in Holstein und, als Christian IX. die Verfassung unterzeichnete, 
auch in Schleswig. Ganz Deutschland geriet in eine gewaltige Aufregung; 
allgemein hoffte man, daß die Befreiungsstunde, für die schleswig-holsteinischen 
Brüder geschlagen habe. 
ß) Die Einmischung des Bundestages und der deutschen Großmächte. 
Der Bundestag beschloß die Besetzung Holsteins und ließ ein aus Sachsen 
und Hannoveranern bestehendes Heer die holsteinische Grenze überschreiten 
(23. Dezember 1863). Den Antrag Prenßens und Österreichs, auch 
Schleswig als Pfand in Besitz zu nehmen, lehnte er ab. Infolgedessen 
einigten sich die beiden Großmächte und forderten unter Androhung des 
Krieges, Dänemark solle binnen 48 Stunden die Verfassung zurück- 
nehmen. Da der dünische König sich weigerte, so mußten die Waffen 
entscheiden. 
y) Der Feldzug Preußens und Österreichs gegen Dänemark. 
Preußen stellte 34 000 Mann, welche aus drei Armeekorps (dem 3. branden- 
burgischen, dem 7. westfälischen und dem Gardekorps) genommen wurden; 
ihre Führung erhielt der Reitergeneral Prinz Friedrich Karl, ein 
Neffe des Königs. Die Österreicher, etwas mehr als 20000 Mann, rückten 
unter dem General von Gablenz ins Feld. Den Oberbefehl führte 
anfangs der achtzigjährige Generalfeldmarschall Wrangel, später der 
Prinz Friedrich Karl, an dessen Stelle als Befehlshaber der preußischen 
Truppen der General Herwarth von Bittenfeld trat. Das dänische 
Landheer war ungefähr ebenso stark als das der Verbündeten; aber die 
Dänen hatten eine bedeutend größere Flotte. Deshalb ging der Plan des 
preußischen Generalstabschefs Moltke dahin, durch einen raschen Angriff 
die dänischen Truppen zu vernichten. 
Helmuth von Moltke wurde im Jahre 1800 zu Parchiin in Mecklen¬ 
burg geboren. Nachdem er eine harte und entbehrungsreiche Jugend verlebt hatte, 
diente er zuerst im dänischen Heere, trat dann als Leutnant in die preußische 
Armee ein und kam 1832 in den Großen Generalstab. Darauf brachte er mehrere 
Jahre in der Türkei zu, wo er zwar nicht amtlich, aber tatsächlich die Stelle 
eines Generalstabschefs des türkischen Heeres bekleidete. Im Jahre 1858 bekam 
er die Leitung des preußischen General st abes; er behielt sie bis zum 
Jahre 1888 und starb 1891. Moltke ist der große Schlachtendenker, der 
für die Feldzüge der Jahre 1864, 1866 und 1870/71 die Pläne entworfen hat, 
und gehört daher zu den Mitbegründern des Deutschen Reiches. Sein 
Wahlspruch war: „Erst wägen, dann wagen!" Wie Bismarck, so glänzt auch 
Moltke unter den bedeutendsten Prosa-Schriftstellern unseres Volkes. Seine Ein- 
sachheit und Bescheidenheit waren sprichwörtlich.
	        
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