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55. Schönstes Hosfen.
W. Smets.
W. Sm, in Leben und Gedichten von J. Müllermeister. Aachen 1877. S. 260.
Es trägt der Mensch ein heiß Begehren
In seinem Herzen mannigfalt,
Und ist's erreicht, aufs neu verzehren
Ihn Wünsche jeglicher Gestalt.
Und doch kann nichts sein Herz erfüllen;
Eins schwindet, und das andre trügt;
Nur eins kann all sein Sehnen stillen:
Der Glaube, der die Welt besiegt.
56. Sankt Augustin.
A. Schreiber.
Poet. Werke. Tübingen 1817 und 1818.
Es ging einmal Sankt Augustin
Am Meergestade her und hin;
Das Wesen Gottes, unsers Herrn,
Wollt' er erforschen gar zu gern
Und es dann bringen in ein Buch.
Er kannte jeden Bibelspruch,
Drum schien die Sach ihm gar nicht schwer.
So wallt er sinnend hin und her
nd meint wohl schon im eitlen Wahn,
Ihm sei der Himmel aufgethan. —
Auf einmal wird sein Aug gewahr
Ein Knäblein, schön und wunderbar;
Es macht ein Grüblein in den Sand
Und bückt sich dann hinab am Strand
Und schöpft vom Meer das Wasser drein
Mit einer Muschel weiß und fein.
Du, lieber Knab', was machst du da?“
Fragt Augustin. — „Du siehst es ja:
Zum Zeitvertreibe fass' ich mir
Die See in dieses Grüblein hier.“
Der Heilge lächelt: „Dieses Spiel,
Mein Kind, es bringt dich nicht zum Ziel.“
„Ei, sagt der Knab', wer das nicht kann,
Der bleibe hübsch auf seiner Bahn.
Viel ist dem Herzen offenbar,
Doch wird es dem Verstand nicht klar.“
Und flugs da schießt ein Flügelpaar
Dem Knaben an, und wie der Aar
Schwebt er empor im Sonnenlicht.
Der Heil ge schaut ihm nach und spricht:
„Der Knab' hat recht; des Menschen Sinn
Kann über Raum und Zeit nicht hin.“