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Unter seinem Nachfolger Friedrich dein Sanftmütigen brachen wirklich
die Hnssiten in Sachsen ein, verwüsteten die Dresdener Neustadt, Meißen,
Riesa und viele andere Orte und begingen unerhörte Grausamkeiten. Mordend
und plündernd zogen sie bis Magdeburg und kehrten dann mit ungeheurer
Beute beladen durch die Lausitz zurück. Schon im nächsten Jahre kamen sie
wieder. Diesmal nahmen sie ihren Weg die Mulde entlang und durch das
Vogtland zurück. Jetzt sanken Oschatz, Döbeln, Colditz, Werdau, Menburg und
viele andere Orte in Asche. Gegen 300 Ortschaften zerstörten sie allein im
Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen so vollständig, daß sie nie wieder auf¬
gebaut wurden und jetzt spurlos verschwunden sind. Die Stellen, wo sie ge¬
standen haben, heißen heute „wüste Marken".
5. Der Bruderkrieg. So schlimm verliefen die ersten Jahre der Regierung
Friedrichs des Sanftmütigen. Leider sollte das arme Land auch dann
nicht zur Ruhe kommen; denn es brach zwischen dem Kurfürsten und seinem
Bruder Wilhelm der sogenannte Bruderkrieg aus. • Anfänglich hatten die
Brüder gemeinschaftlich regiert, dann aber das Land geteilt. Wilhelm, durch
böse Ratgeber aufgereizt, war mit seinem Anteil (Thüringen) nicht zufrieden
und suchte mehr zu erlangen. Verheerend brach er in seines Bruders Gebiet
ein. Bei der Erstürmung Geras kamen fast alle Einwohner um. Friedrich kam
zu spät, um die Stadt zu retten. Nun standen sich die Heere gegenüber.
Da erbot sich ein Schützendes Kurfürsten Bruder zu erschießen und dem Kriege
ein Ende zu machen. Doch der Kurfürst erwiderte: „Schieß, wen du willst,
nur meinen Bruder nicht." Dies Wort erfuhr Wilhelm, und es rührte ihn so,
daß er seinem Bruder die Hand zum Frieden bot.
1455 6. Der Prinzenraub. 1455. In dem Bruderkriege hatte Ritter Kunz von
Kaufungen dem Kurfürsten gute Dienste geleistet. Hierfür glaubte er sich nach
Beendigung des Krieges nicht genügend belohnt. Aus Rache beschloß er, die
Söhne des Kurfürsten, die Prinzen Ernst und Albert, damals 14 und 12
Jahre alt, zu entführen, und dadurch ein hohes Lösegeld zu erzwingen. Mit
Hilfe einiger Ritter und eines Küchenknechts im Altenburger Schlosse, in dem
Kuuz früher Schloßhauptmann gewesen war und alle Einrichtungen kannte,
führte er in einer Nacht, da der Kurfürst und fast alle männlichen Bewohner des
Schlosses auswärts waren, seinen Plan aus. Auf Strickleitern erstiegen sie die
Mauern und raubten die Prinzen aus den Betten. Mit dem Prinzen Albert
ritt dann Kunz davon, während die Ritter Mosen und Schönfels Ernst mit sich
nahmen.
Bald ward der Raub bekannt, uud die Sturmglocken trugen die Kunde
durch das ganze Land. Kuuz war bereits der böhmischen Grenze nahe und
glaubte sich in dem großen Gebirgswalde schon in Sicherheit. Aber bei einer
Rast gelang es dem Prinzen, sich Köhlern zu entdecken, die in der Nähe ar¬
beiteten. Mit ihren Schürbäumen drangen diese auf Kunz und seinen Kftecht ein,
überwältigten beide und nahmen sie gefangen. Den Prinzen aber führten sie
seinen Eltern wieder zu.
Mosen und Schönfels waren mit dem Prinzen Ernst bis in die Gegend von
Hartenstein gekommen. Hier verbargen sie sich in einer Felsenkluft an der Mulde
(Prinzenhöhle). Als sie von der Gefangennahme Kunzens hörten, schickten sie