§ 2. Die Anfänge Roms. 55
wachsenden Menge des Volkes und der Herden nicht mehr genügten.
Die wichtigsten Stammverbände waren späterhin die Umbrer und
Picentiner im Norden, die Sabiner und Samuiteu in der Mitte und
die Kampaner, Lnkaner und Bruttier im Südwesten. Als die drei
letzteren aber, erst im 5. und 4. Jahrhundert, ihre Sitze einnahmen,
fanden sie an den Küsten schon zahlreiche Griechenstädte vor — Cyme,
Neapolis, Posidonia, Rheginm n. a. m. Die konnten sich gegen die
Eindringlinge zumeist nicht halten und verloren sast alle ihr bisheriges
Landgebiet, viele auch ihre Selbständigkeit.
Lange aber, bevor diese Jtaliker nach Süditalien vordrangen, Latiner.
hatte sich ein anderer Zweig des italischen Volkes an der Westküste
südwärts der Tibermündung festgesetzt, das waren die Latiner, nach
denen das Land später Latinm genannt ward.
Ihr ursprüngliches Gebiet war nur klein (etwa 35 Quadratmeilen
= Sachsen - Kobnrg - Gotha). Im Norden reichte es wenig über die
Tibermündung, nach Süden nur wenig über das Wald- und weidereiche
Albanergebirge hinaus. Nordostwärts grenzte es an die Berge der
Sabiner. Der wellige Boden war nicht besonders fruchtbar, die Nie-
derungen feucht und durch Fieberlüfte ungesund, die sandige Küste
hafenlos. Die Latiner hatten das Land unter sich verteilt und der
Sage nach 30 Orte (Gaue, Gemeinden) gegründet. Die standen mit-
einander im Bunde und feierten alljährlich auf dem höchsten Punkte des
Albanergebirges am Altar des Jupiter von Latinm (Latiaris) ein
gemeinsames Fest (feriae Latinae). Als vornehmster Ort galt Alba
longa, in dessen Gebiet dieser Altar stand. Mit der Zeit aber über-
traf Rom alle anderen Orte Latiums.
§ 2. Die Anfänge Roms.
Eine jede der Latinergemeinden (Gau) bedurfte eines befestigten Die „ew-Burg
Ortes, einer arx (---- Wehr). Das war in ältester Zeit ein einfacher
Wall- oder Mauerring zwischen Sümpfen oder auf einer Anhöhe, wohin
im Fall eines feindlichen Angriffes die Gemeindegenossen mit Vieh und
Habe flüchteten, um sich gemeinsam zu verteidigen. Auch fanden da in
Friedenszeiten gemeinsame Beratungen und Feste statt. Mitunter
mögen mehrere befreundete und benachbarte Gemeinden an besonders
geeigneter Stelle eine gemeinsame „Wehr" gehabt haben. Das scheint
mit „Rom" der Fall gewesen zu sein, denn schon die älteste Gemeinde
der Römer, von der wir wissen, bestand aus drei Stämmen (tribus),
den Ramnes, Tities und Luceres, deren gemeinsame arx auf einem
Berge am linken Ufer des Tiber etwa drei Meilen oberhalb der Mündung