Die römische Literatur.
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Entscheidungskampfe. Bei Actium, an der Westküste Mittelgriechenlands, Keitum si.
wurde eine gewaltige Seeschlacht geschlagen. Aber während des Kampfes
verließ Kleopatra, die den Sieg des Gegners voraussah, plötzlich den Schau-
platz und trat die Heimfahrt nach Alexandria an; und Antonius ließ, als
er dies merkte, seine kämpfenden Truppen schimpflich im Stich und folgte
ihr nach. So entschied sich der Sieg des Octavian, dem sich bald daraus
auch das Landheer des Antonius ergab.
Im nächsten Jahre erschien Octavian vor A l e x a n d r i a. Antonius 30.
stürzte sich, als er die fälschliche Nachricht erhielt, daß sich Kleopatra bereits
das Leben genommen habe, in sein Schwert. Auch Kleopatra entschloß sich
zn sterben, als sie sah, daß Octavian die Absicht habe, sie in seinem Triumph-
zug den Römern zu zeigen; durch den Biß giftiger Schlangen sand sie den
Tod. Ägypten wurde zu einer römischen Provinz gemacht. Als unan-
gefochtener Beherrscher des römischen Reiches kehrte Octavian in seine
Hauptstadt Rom zurück.
Die römische Literatur.
§ 106. Die römische Literatur ist durch die der Griechen stark be- Poesie,
einflußt worden. Die bedeutendsten römischen Lustspieldichter, der derbe
P l a u t u s und der feinere T e r e n z (Terentius), die in der ersten Hälfte
des zweiten Jahrhunderts v. Chr. lebten, schloffen sich an die Stücke
griechischer Lustspieldichter an. Ebenso ahmten die römischen Lyriker die
griechischen Liederdichter nach: so Catull, der zu Cäsars Zeit lebte; so
die Dichter des augusteischen Zeitalters, der leidenschaftliche Properz, der
zartere Tibull, der versgewandte Ovid, der Dichter der „Verwand-
lungen" (Metamorphosen), und der philosophische Oden- und Satirendichter
H o r a z. In demselben Zeitalter lebte Vergil, der bedeutendste römische
Ependichter, der Schöpfer der „Aneide".
Der hervorragendste unter den älteren Prosaikern Roms ist Cato Prosa,
(vergl. §80), der Geschichte schrieb und von dem wir noch ein Werk über
die Landwirtschast haben. Eine bedeutende Stellung unter den Schrift-
stellern des letzten Jahrhunderts v.Chr. nimmt Cicero ein (§97), nicht
nur als Redner, sondern weil er seine Landsleute mit griechischer Bildung,'
besonders der griechischen Philosophie bekannt machte. Gleichzeitig erreichte
die Geschichtschreibung in Cäsar und Sallust eine hohe Stufe der
Vollendung. Im Zeitalter des Auguftus faßte Livius die gesamte
römische Geschichte zusammen. Ein Jahrhundert später lebte der Geschicht-
schreiber Tacitus, ein Meister des Stils, in dessen Büchlein „Germania"
wir Deutsche die wichtigsten Nachrichten über unsere Vorfahren finden.