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3. Das Zeitalter der Auflösung der Republik.
133-31.
1. Die Zeit der Gracchen.
Die römischen Zustände.
§ 84 Die römische Weltherrschaft. Rom war der Mittel-Roms Wen-
Punkt der antiken Welt geworden. Im römischen Senat wurde 5err^nft'
über das Schicksal der Völker vom atlantischen Ozean bis zum Euphrat
Beschluß gefaßt; römische Statthalter herrschten wie Fürsten in ihren
Provinzen, römische Gesandte wurden allenthalben mit hohen Ehren emp-
fangen, jeder überhaupt, der sich einen römischen Bürger nennen durfte,
genoß ein Vorrecht vor Angehörigen anderer Völker. Mit der Macht zog der
Reichtum in Rom ein. Die römischen Feldherren und Statthalter Reichtum,
bereicherten sich in den Provinzen, die sie oft in der habgierigsten Weise
verwalteten. Nicht minder wurden diese von den reichen römischen Kauf-
leuten ausgesogen, die sich zu kaufmännischen Gesellschaften zusammenschlössen
und die Steuern und Zölle, welche dort erhoben wurden, vom Staate
pachteten. Sie kannten kein Erbarmen, wenn es galt von den Untertanen
die fälligen Steuern einzutreiben; und so heftete sich denn an sie der all-
gemeine Haß, und im neuen Testament werden die Zöllner mit den Sündern
zusammengestellt. Mit dem Reichtum aber wuchs in Rom immer mehr die
Genußsucht und das Streben nach Wohlleben und Üppigkeit. Wenn Genußsucht,
noch zur Zeit des pyrrhischen Krieges die römischen Adligen Muster der
Einfachheit, Genügsamkeit und Sittenstrenge gewesen waren, so waren jetzt
Habgier, Verschwendung und Üppigkeit weitverbreitete Laster. Damit aber
hing zusammen, daß die mannhafte Tüchtigkeit, die Ehrenhaftigkeit und
Vaterlandsliebe früherer Zeiten nur selten noch zu finden waren; die
Selb st sucht nahm überhand, und der eigene Vorteil stand vielen höher
als der des Staates.
§ 85. Die Stände. Es war nur eine kleine Minderheit der Be-
völkerung, welcher der gewaltige Wachstum des Reichtums zu gute kam:
der A d e l, der in den senatorischen Amtsadel und den Geldadel der Ritter Amtsadel,
zerfiel. Der s e n a t o r i s ch e Adel oder A m t s a d e l umfaßte eine An-
zahl von Geschlechtern, deren Angehörige es von ihren Vätern her gewohnt
waren, die Herrschaft im Staate auszuüben, die Amter von der Quästur an
bis zum Konsulat zu bekleiden, die Provinzialstatthalterschaften zu verwalten