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Kaiser-Wilhelm-Kanals) gestattet und das Post- und Telegraphen-
wesen von Preußen verwaltet werde. Österreich wie auch der Prinz
von Augustenburg waren nicht geneigt, auf sämtliche Forderungen
einzugehen.
Österreich war damals durch innere Wirren geschwächt und
mithin wenig vorbereitet auf einen Krieg. Diese Lage nützte Bis-
marck aus, indem er den Gegner am 14. August 1865 zum Ver¬
trage von Gast ein drängte. Schleswig kam danach unter
preußische, Holstein unter österreichische Verwaltung, und Lauenburg
fiel gegen eine Geldentschädigung an Preußen; über die Zukunft
beider Herzogtümer sollte nur bei beiderseitigem Einverständnis ent-
schieden werden. Bismarck, nach dieser günstigen Wendung vom
König in den Grafenstand erhoben, verhehlte sich jedoch nicht, daß
„der Riß im Bau nur verklebt" war, zumal Österreich den Prinzen
von Augustenburg weiterhin in Holstein frei schalten und walten ließ.
Bismarck setzte eifrig seine Politik fort trotz der Widerstände
in der Hofgesellschaft und im Volke; selbst ein Attentat konnte ihn
nicht wankend machen. Mit Italien schloß er ein Bündnis
auf drei Monate (bis zum 8. Juli 1866) ab, indem er gegen Waffen-
Hilfe im Kriegsfall Italiens Ansprüche auf Venetien zu unterstützen
versprach. Da Napoleon durch die Ereignisse in Mexiko an
einer Einmischung verhindert war, suchte er die Entscheidung durch
verschiedene Vermittlungsvorschläge über die Bündnisfrist hinzu¬
ziehen (z. B. sollte Schleswig-Holstein an Preußen, dafür Schlesien
an Österreich und dafür Venetien an Italien fallen). Die Entwick-
lung ließ sich jedoch nicht mehr aufhalten.
Als Österreich einseitig die Lösung der schleswig-holsteinischen
Angelegenheit der Entscheidung des Deutschen Bundes
anheimstellte und zugleich die Stände von Holstein zu
einer Beratung zusammenrief, erklärte Preußen dies
als einen Bruch des Gasteiner Vertrages und ließ seine
Truppen von Schleswig her unter dem General von Manteuffel in
Holstein einrücken, indem es Österreich freistellte, durch Besetzung
Schleswigs den vor dem Gasteiner Vertrag bestehenden Zustand
wiederherzustellen. General von Gablenz zog sich jedoch mit den
österreichischen Truppen unter Protest von Holstein nach Böhmen
zurück, und die Besetzung Holsteins erklärte Österreich als eine Ver-
letzung des Bundesfriedens und beantragte die Mobilmachung des
gesamten Bundesheeres mit Ausnahme des preußischen Anteiles.
Dieser Antrag wurde mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen. Darauf