Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

Geschichte der Römer. 
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■aber nicht getödtet. Zuletzt durchschnitt man dem Märtyrer die 
Kehle. Eine Sclavin, die zarte Blandina, welche vom frühen 
Morgen bis zum späten Abend gräßlich gemartert worden war, blieb 
standhaft bei ihrem Glauben und wies alle Anschuldigungen zurück. 
Endlich wurde sie in ein Netz gesteckt und einem wilden Stiere vor- 
geworfen, welcher sie mit seinen Hörnern tödtete. Ueber 50 Christen 
wurden damals zu Tode gemartert. 
Unter Markus Aurelius erlitt auch der Bischof von Smyrna, auch der greise 
Polykarp, den Märtyrertod, gerade als er das 86. Jahr erreicht 
hatte. Durch den Zuspruch seiner Freunde hatte er sich bewegen Smyrna. 
lassen, sein Haus zu verlassen und sich aufs Land zu begeben. 
Allein er ward verraten, und als er seine Feinde in seine Woh- 
nung eindringen sah, gieng er ihnen freundlichst entgegen, bewirtete 
sie und erbat sich nur eine Stunde zum Gebet. 'Er betete mit sol- 
cher Inbrunst, daß selbst die Heiden gerührt wurden, welche ihn 
ergriffen und zum Statthalter von Kleinasien führten. Dieser redete 
ihn freundlich an und forderte ihn auf, er möge doch bei dem Kaiser, 
seinem Herrn, schwören und Christum lästern. Doch Polykarp 
erwiderte: „Ich bin 86 Jahre in seinem Dienste, und er hat mir nur 
Gutes erwiesen; wie könnte ich ihm fluchen, meinem Herrn und 
Heiland!" Da er im Verlaufe des Gesprächs dem Statthalter 
gegenüber sich selbst als Christ bekannt und die Menge seinen Tod 
gefordert hatte, so ward er zum Feuertode verurtheilt. Juden und 
Heiden beeilten sich Holz herbeizuschleppen. Man wollte ihn an den 
Pfahl binden, welcher auf dem Holzstoß war, allein er wehrte ab 
und sprach: „Laßt mich nur! Wer mir Kraft verliehen hat, das 
Feuer auszuhalten, der wird mir auch Mut geben, auf dem Scheiter- 
Haufen zu stehen." Ehe das Feuer angezündet wurde, lobte er Gott 
mit lauter Stimme. So freudig erlitten alle Märtyrer den Tod 
und besiegelten Christi Lehre mit ihrem Herzblut! 
§. 59. Der Untergang tfes römiftfien Heitfis. 
Nach Markus Aurelius Tod (180) begann für das römische Die Herr- 
Reich eine traurige Schreckensherrschaft der Prätorianer, welche nach P^orianer 
Belieben Kaiser auf den Thron hoben und stürzten. Senat und im s. Jahr- 
Volk, gleich ohnmächtig, vermochten solchem Unfug nicht zu steuern. Es Rimbert 
wurde Sitte, den Soldaten den Thron abzukaufen. Oft regierten 
drei und vier Kaiser im Auftrage verschiedener Legionen; die Gewalt 
der Waffen hob den Einen und stürzte die Andern. Durch diesen 
fortwährenden Wechsel in der obersten Leitung des Staates mußte 
Cassian's Geschichte. J. 5. Aufl. 14
	        
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